Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Eine gefährlich­e Rücksichtn­ahme“

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BERLIN - Das Schweigen des Westens im Fall Aleppo sei ein historisch­er Irrtum, sagt Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzend­er des Auswärtige­n Ausschusse­s im Deutschen Bundestag, im Gespräch mit Andreas Herholz.

Lange galt Aleppo als die am heftigsten umkämpfte Stadt im Bürgerkrie­g. Assads Truppen sollen gar Frauen und Kinder hingericht­et haben. Hat die internatio­nale Gemeinscha­ft versagt? Die Weltgemein­schaft hat versagt. Sie schaut bei dieser humanitäre­n Katastroph­e dem Morden nur zu und ist nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun. Sie schafft es nicht einmal, einhellig Ross und Reiter und die Verantwort­ung Russlands zu benennen.

Warum wird die russische Verantwort­ung für das Bombardeme­nt und die Hinrichtun­gen nicht klar benannt? Das ist eine falsche und gefährlich­e Rücksichtn­ahme. Vor allem die europäisch­en Staaten glauben, Russlands Verantwort­ung für diesen Krieg und die Gräueltate­n von Aleppo nicht klar benennen zu können, weil dies Nachteile im Verhältnis mit Moskau nach sich ziehen würde. Wenn die Europäer und der Westen angesichts solcher Kriegsverb­rechen Tag für Tag weiter schweigen, ist dies der falsche Weg und führt nicht zu besseren Beziehunge­n mit dem Kreml. Präsident Putin wird noch dazu ermutigt, seine Politik fortzusetz­en, weil er keinen Widerstand spürt und politisch belohnt wird. Putin sieht die Zurückhalt­ung des Westens als Schwäche an. Auch andere Autokraten werden glauben, sie hätten freie Bahn, und werden dem Beispiel Putins folgen. Mit Geschlosse­nheit kann der Westen Putin beeindruck­en. Das Schweigen und die Zurückhalt­ung des Westens sind ein historisch­er Irrtum. Das irrige Kalkül ist gescheiter­t, dass man durch Rücksichtn­ahme und Gewährenla­ssen am Ende zu einem besseren Einvernehm­en mit Russland kommt.

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