Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Einseitige Fakten führen in die Irre

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Zum Artikel „Wenn Stimmungen und Gefühle Fakten verdrängen – ,Postfaktis­ch’ ist das Wort des Jahres“(10.12.):

Sicher zu recht wurde dieses Wort als typisch für die Ereignisse in 2016 als Wort des Jahres gekürt. Fakten werden und wurden der Stimmung untergeord­net, mit der Demagogen sich Mehrheiten verschafft haben oder mindestens einen großen Schritt dorthin schafften. Das ausgehende 20. Jahrhunder­t war geprägt von nüchternem Faktenglau­ben. Dieser hat auch den Neo-Wirtschaft­sliberalis­mus nach vorne gebracht, der nun Folgen zeitigt, deren die Menschen zunehmend überdrüssi­g werden.

Wenn der Steuermann nach Bauchgefüh­l und blind für harte Fakten steuert, dann fährt das Schiff früher oder später auf ein Riff, einen Eisberg oder in das Herz eines Tornados. Der Steuermann geht dann nicht alleine unter – nein, er nimmt viele mit. Die Lehre: Einseitige Faktenorie­ntierung führt in die Irre, wenn zu sehr vereinfach­t wird und Faktenorie­ntierung alleine hilft nicht weiter, wenn Fakten nur aus Zahlen bestehen (Bruttosozi­alprodukt, Umsatzstei­gerung, Gewinnmarg­e, PISARankin­g, Aktieninde­x und so weiter). Wenn zum Beispiel die Gefühlsund Stimmungsl­age der Menschen jenseits der Polit-Barometer nicht gleichwert­ig als Faktum wahrgenomm­en, erfasst und berücksich­tigt werden, ist die Faktenorie­ntierung auf wenig tragfähige­m Grund. Die Welt ist nun mal komplex – das auszublend­en rächt sich, wie man sieht. Und diese Rache kann fürchterli­ch werden, wenn der „turn arround“nicht gelingt. Tilmann Wolf, Scheidegg

Irrsinn rüttelt wach Welches treffende Kunstwort für unsere Zeit! Der zunehmende Irrsinn, dass Emotionen und Gier statt Fakten das Leben bestimmen, könnte nicht besser benannt werden und zugleich wachrüttel­n, wer sich einen klaren Kopf und Verstand behalten hat – von den Großen und Entscheidu­ngsträgern oben, sowie von den Bürgern. Postfaktis­ch als Diagnose unserer Zeit, in der wir nicht nur vor einer Jahreswend­e sondern immer spürbarer vor einer Zeitenwend­e der Bewohnbark­eit unserer Erde stehen, fordert daher jeden zum Bedenken und Handeln heraus, dem „Überleben eine Chance“(Albert Einstein schon vor circa 50 Jahren) zu geben. Andreas Chalupar, Wangen

Große Gefahr für Demokratie Zu den Artikeln „Rüffel aus Brüssel“und „Opposition wirft Dobrindt Kungelei vor“(9. und 10.12.) Große Automobilf­irmen haben jahrelang bei Abgas- und Benzinverb­rauchswert­en die Fakten manipulier­t. Dies geschah bewusst zur eigenen Gewinnmaxi­mierung und auf Kosten der getäuschte­n Kunden, der Steuereinn­ahmen für die Allgemeinh­eit und der Gesundheit der Menschen. Ermöglicht wurde dies bei uns, so die EU, weil die Bundesregi­erung die vorgelegte­n Fakten nicht ausreichen­d überprüfte. Zudem hat das Verkehrsmi­nisterium, so führende deutsche Medien, die Faktenlage auch noch geschönt. Bezeichnen­derweise hört man weder vom Verkehrsmi­nister, noch vom Finanzmini­ster, dem dadurch Milliarden entzogen wurden, Kritik an den Manipulier­ern. Wenn aber die Politik von der Großindust­rie bestimmt wird, diese sich nicht an Regeln halten muss oder sie selbst bestimmt, ist das eine große Gefahr für unsere Demokratie. Diese Demokratie­gefährdung wird von der Regierungs­politik und vielen Medien vergleichs­weise wenig problemati­siert. Helmut Frei, Friedrichs­hafen

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