Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Italiens neue Regierung ist gar nicht so neu
Italiens neuer Regierungschef Paolo Gentiloni war Außenminister von Matteo Renzi. Er war einer von dessen engsten Vertrauten und teilt dessen politische Linie. So verwundert es nicht, dass Gentiloni am Montagabend eine Ministerriege präsentierte, die sich nur minimal von der zurückgetretenen Vorgängerregierung unterscheidet. Die Tageszeitung „la Repubblica“spricht von einer „Fotokopie-Regierung“.
Gentilonis freigewordenen Außenministerposten übernahm der ehemalige Innenminister Angelino Alfano. Der Chef der Mitte-RechtsPartei Nuovo Centrodestra hat zwar keine außenpolitischen Erfahrungen, ist aber der verlässliche Juniorpartner der Sozialdemokraten von Gentiloni. Seine Nominierung zum Außenminister wird als interne Würdigung seitens der Sozialdemokraten interpretiert.
Das gerade für ein finanzpolitisch schwer angeschlagenes Land wie Italien so wichtige Amt des Wirtschaftsund Finanzministers bleibt auch weiterhin in den Händen von Pier Carlo Padoan. Er genießt internationales Ansehen und ist somit unerlässlich, um eventuelle Nervositäten auf den Finanzmärkten angesichts der politischen Situation in Italien zu zerstreuen.
Staatsverschuldung bekämpfen Regierungschef Gentiloni erklärte am Dienstag vor dem Abgeordnetenhaus, dass er „mit größter Entschlossenheit die wichtigsten internationalen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Italiens angehen“werde. Damit sind zunächst einmal alle für Dezember und 2017 anstehenden internationalen Verpflichtungen gemeint. Aber auch die Bekämpfung der Staatsverschuldung, die Rettung jener Banken, die unter faulen Krediten zusammenzubrechen drohen, und der Wiederaufbau der Ortschaften in den mittelitalienischen Erdbebengebieten.
Fraglich ist nur, wie lange Gentiloni regieren wird. Dass er der seit Berlusconis erzwungenem Rücktritt Ende 2011 vierten, nicht vom Volk, sondern vom Staatspräsidenten ernannten Regierung vorsteht, sorgt unter immer mehr Italienern für Missmut. Deshalb fordern nicht nur Wähler der 5-Sterne-Bewegung M5S des Ex-Komikers Beppe Grillo und der ausländerfeindlichen Lega Nord sofortige Neuwahlen, sondern Umfragen zufolge ganz generell immer mehr Italiener.
Doch sofortige Neuwahlen sind nicht möglich und seitens des Staatspräsidenten nicht gewollt. Beide Kammern des Parlaments haben unterschiedliche Wahlgesetze. Am 24. Januar wird das Verfassungsgericht dazu eine Entscheidung treffen. Dann muss ein neues gemeinsames Wahlrecht verabschiedet werden. Das dauert – deshalb hofft Staatspräsident Sergio Mattarella, dass Gentiloni bis Ende der Legislaturperiode Anfang 2018 durchregieren kann. M5S und Lega Nord wollen das nicht und drohen damit, die parlamentarische Arbeit zu blockieren.
Regierungschef Gentiloni verfügt über Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments. Er könnte also bis 2018 durchregieren. Er werde „solange regieren, solange ich Mehrheiten in den Kammern habe“, sagte Gentiloni. Vorgezogene Neuwahlen sind deshalb für ihn „kein Thema“.