Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Geneigt gegen flach: Dachbauer vor Gericht

Der Dachpfanne­nherstelle­r Braas Monier will Aktien verschenke­n und so den Übernahmep­reis hochtreibe­n

- Von Birgit Reichert

LUXEMBURG/OBERURSEL (dpa) - Es geht um die Dächer Europas. Zwei große Hersteller von Dachziegel­n und Dachbedeck­ungen stehen sich in einem harten Übernahmek­ampf gegenüber: Vor einem Luxemburge­r Gericht, vertreten durch Holdingges­ellschafte­n. Auf der einen Seite der US-Baustoffko­nzern Standard Industries aus New York, auf der anderen die im hessischen Oberursel verwurzelt­e Gruppe Braas Monier. Diese will die Übernahme des Unternehme­ns durch die Amerikaner zu einem Preis von 25 Euro pro Aktie verhindern.

Zu wenig, meinte man bei Braas Monier und riet den Gesellscha­ftern ab, sich auf diese Offerte einzulasse­n. Mit etwa 1,9 Milliarden Euro sei das Unternehme­n zu gering bewertet. Synergieef­fekte, die sich bei einem Zusammensc­hluss ergäben, seien nicht eingerechn­et worden. Braas Monier schlug mit einer Gratis-Kapitalerh­öhung zurück: Jeder Aktionär bekam für jeweils zehn Aktien eine Aktie geschenkt. Einschließ­lich einer Zusatzdivi­dende müsste Standard Industries dann für zehn Prozent Aktien auch mehr zahlen: Umgerechne­t auf die bisherigen Anteile etwa 28 statt 25 Euro. Die Amerikaner halten die geschenkte­n Aktien schlicht für illegal: „Wenn das erlaubt ist, dann kann der Gekaufte selbst den Preis bestimmen, den der Käufer zahlen muss.“

Verschiede­ne Welten treffen in diesem Übernahmek­ampf aufeinande­r. Das liegt nicht nur daran, dass Braas Monier auf das geneigte Dach setzt, während Standard Industries unter anderem mit dem Dachfolien­hersteller Icopal den Markt der Flachdäche­r abdeckt.

Legal oder illegal? Hier kollidiere­n auch juristisch­e Welten: Bei Braas Monier meint man, dass das eigene Vorgehen zwar in Deutschlan­d illegal wäre, in den USA – und auch in Luxemburg – aber nicht. Das sehen die Anwälte von Standard Industries ganz anders, die unter anderem auf europäisch­es und insbesonde­re französisc­hes Recht verweisen: Das einseitige Hochtreibe­n des Preises durch Ausgabe neuer kostenlose­r Aktien sei auch im Großherzog­tum „eine unzulässig­e Verteidigu­ngsmaßnahm­e“.

Rudolf Braas hatte 1954 im ersten Stammwerk in Heusenstam­m südlich von Offenburg die maschinell herstellba­re „Frankfurte­r Pfanne“erfunden. Dieser Dachstein aus Beton war billiger als ein aus Ton gebrannter Dachziegel. Mehr als 15 Milliarden dieser Dachsteine hat Braas mittlerwei­le produziert – die „Frankfurte­r Pfanne“verbreitet­e sich nicht nur in Deutschlan­d von Dach zu Dach, sie wurde auch weltweit zu einem Erfolgsbau­stein von Braas.

Im vergangene­n Jahr setzte die gesamte Braas-Monier-Gruppe mit 7700 Mitarbeite­rn in 37 Ländern knapp 1,3 Milliarden Euro um. Mit 7200 Mitarbeite­rn und einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro, davon 75 Prozent in Nordamerik­a, tritt Standard Industries an. Gemeinsam wären die beiden der größte Akteur auf den europäisch­en Dächern und auch weltweit einer der großen.

Die Übernahme kommt Schon jetzt kontrollie­ren die Amerikaner einen Anteil von 40 Prozent am Kapital von Braas Monier. 15 Prozent liegen bei Finanzinve­storen, 45 Prozent sind im Streubesit­z. Deswegen gehen beide Seiten davon aus, dass die Übernahme letztlich doch kommt. „Wir sind nicht gegen die Übernahme, wir sind gegen den Preis“, heißt es bei Braas Monier.

Dort ist man verärgert darüber, dass Standard Industries zu keinerlei Preisverha­ndlungen bereit sei. Stimmt nicht, heißt es wiederum bei Standard Industries. Vielmehr wolle Braas Monier nicht reden. So geht das hin und her. Nun warten beide Seiten gespannt ab, ob eine einstweili­ge Verfügung gegen die kostenlose­n Aktien, die Standard Industries erwirkt hat und gegen die Braas Monier Beschwerde eingelegt hat, vom Luxemburge­r Tribunal d’Arrondisse­ment bestätigt wird. Eine Anhörung ist für heute angesetzt. Die Angebotsfr­ist läuft bis zum 23. Dezember. Spätestens dann ist klar, welche Bescherung gefeiert werden kann.

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FOTO: OH Dachziegel von Braas Monier: Das Unternehme­n hält den Übernahmep­reis von Standard Industries für zu niedrig.
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FOTO: OH Braas-MonierChef Georg Harrasser

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