Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehr Krieg, weniger Sterne
Düsterer als bisherige „Star Wars“-Abenteuer: „Rogue One“startet diese Woche
Ein „Krieg der Sterne“-Film, in dem die Familie Skywalker nicht im Mittelpunkt steht? Doch, das geht. Den Beweis liefert Regisseur Gareth Edwards mit „Rogue One“. Sein Weltraum-Abenteuer überzeugt mit einer packenden Handlung, bombastischen Bildern und natürlich mit viel krachender Action. Die Geschichte vom Klau der Pläne für den Todesstern ist düsterer als bisherige „Star Wars“-Filme – und wagt damit den Schritt aus der Märchenecke in eine realitätsnähere Darstellung von Tod und Gewalt.
Jyn Erso (Felicity Jones) ist eine wahre Anarchistin: Sie hat sich zwar der Rebellion angeschlossen, aber als diese Zusammenrottung von Anti-Imperialisten vor dem Klau der Pläne für die gigantische Zerstörungswaffe der Bösen zaudert, rekrutiert sie auf eigene Faust ein Team. Sie kämpft also nicht nur gegen die Schergen Darth Vaders, sondern muckt auch noch gegen die unentschlossene Rebellion auf. Erso ist die zentrale Figur in „Rogue One“, und von ihr hängt einiges ab. Der „Todesstern“kann mit geballter Laserpower ganze Planeten auslöschen. Das gilt es zu verhindern. Doch die Konstruktionspläne für das kugelrunde Raumfahrzeug werden in einer bestens bewachten Militäranlage des Imperiums aufbewahrt. Mit einer Handvoll loyaler Mitstreiter wagt sich Jyn Erso in das von Sand und Wasser dominierte Feindgebiet ...
Vorgeschichte und Fortsetzung „Rogue One“ist ein Experiment. Weitgehend losgelöst von bisher bekannten Figuren der „Star Wars“-Filme soll es im Zweijahresrhythmus Leinwandabenteuer geben, die weitere Geschichten aus dem „Krieg der Sterne“-Kosmos erzählen. Das Experiment funktioniert. Der etwas über zwei Stunden lange Film ist eine eigenständige Geschichte. Viel eigenständiger als etwa „Das Erwachen der Macht“. Mit diesem Film startete vergangenes Jahr eine neue Trilogie, die die Saga fortsetzt und nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“(1983) spielt. Bei „Das Erwachen der Macht“versöhnte J. J. Abrams die Fans mit dem Franchise, in dem er betont nostalgisch auf die ursprüngliche Trilogie von „Star Wars“Schöpfer George Lucas anspielte. Denn Lucas selbst hatte mit der dreiteiligen Vorgeschichte zu seinen Originalfilmen viele Fans verprellt. Die Prequels, erschienen von 1999 bis 2005, litten unter übertriebenem Einsatz von Computereffekten und einer allzu starken Orientierung an einer kindlichen Zielgruppe.
Beides kann man „Rogue One“, der zeitlich wiederum zwischen Prequels und Original-Trilogie angesiedelt ist, nicht vorwerfen. Regisseur Gareth Edwards, der 2014 ein überraschend gutes Remake von „Godzilla“ablieferte, erzählt hier eine düstere Geschichte. Er betont den „Krieg“in „Krieg der Sterne“. So brutal und dreckig haben die Gefechte zwischen den gepanzerten Sturmtruppen der Imperiumsdiktatur und den Guerillakriegern der Rebellen noch nie gewirkt.
Der Tod ist allgegenwärtig Das liegt sicher auch daran, dass Kameramann Greig Fraser und Spezialeffekt-Chef Neil Coubold mitgewirkt haben. Während Fraser zum Beispiel den Terrorismusthriller „Zero Dark Thirty“bebilderte, war Coubold für die Effekte der Kriegsfilme „Black Hawk Down“und „Der Soldat James Ryan“verantwortlich.
In Kinobildern schlägt sich immer auch die Realität nieder. Und so verwundert es nicht, dass man bei einem explosiven Aufeinandertreffen von Imperialen und Rebellen in der heiligen Stadt Jedha an aktuelle Nachrichtenbilder aus dem Nahen Osten denken muss. Ein Blick in die Produktionsnotizen bestätigt den Eindruck: Das Design von Jedha ist am alten Jerusalem und an der Wüstenfestung Massada angelehnt.
Die Filmemacher wollten realistischer zu Werke gehen, und so gibt es aufwändiges Kostümdesign, einen abgewetzten Look bei Raumschiffen und Outfits gleichermaßen. Einen ähnlichen Ansatz haben in den vergangenen Jahren auch die JamesBond-Filme mit Daniel Craig gewählt. Weg vom Gekünstelten, hin zu einer wirklichkeitsgetreueren Gestaltung. Das steht dem „Star Wars“Universum, und es ist auch ehrlich: Raumschlachten waren ja auch bisher nichts anderes als pure Massenvernichtung, doch durch die bunte Inszenierung im All rückte das manchmal in den Hintergrund. Dass der Tod in „Rogue One“allgegenwärtig ist, scheint da nur konsequent. Das bedeutet aber auch, dass der bildgewaltige Streifen trotz Altersfreigabe ab zwölf Jahren nicht der klassische Familienweihnachtsfilm ist. An der Blockbuster-Tauglichkeit ändert das aber nichts. Insgesamt haben die Star-Wars-Filme bisher weltweit etwa 6,6 Milliarden US-Dollar eingespielt – „Rogue One“kann im Grunde gar nicht floppen.
Darth Vader ist wieder da Felicity Jones („Die Entdeckung der Unendlichkeit“) spielt Jyn Erso als draufgängerische junge Frau und trägt den Film mit Bravour. Neben ihr gibt es weitere neue Charaktere, die mit erstklassigen Schauspielern besetzt sind. Mads Mikkelsen gefällt als Vater der jungen Rebellin, hat aber – wie schon zuletzt im Marvel-Abenteuer „Doctor Strange“– etwas zu wenig zu tun. Oscarpreisträger Forest Whitaker („Der letzte König von Schottland“) erweckt als gezeichneter Veteran Saw Gerrera Mitleid. Aber auch eher unbekannte Gesichter sind mit von der Partie, so etwa der chinesische Schauspieler Donnie Yen in der Rolle des blinden Mönchs Chirrut Îmwe. Ein Roboter darf natürlich auch nicht fehlen: Der Droide K-2SO darf launige Sprüche von sich geben und hellt damit die Stimmung auf.
Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit Charakteren aus der Original-Trilogie. Was ja schon im Vorfeld bekannt wurde: Darth Vader, einer der populärsten Filmschurken aller Zeiten, ist wieder da. Ohne allzu viel zu verraten: Die Szenen mit dem berüchtigten Helmträger sind besonders beeindruckend. Eingefleischte „Star Wars“-Fans werden zudem jede Menge kleiner Anspielungen entdecken, die die Filmemacher mit Liebe zum Detail eingebaut haben.
So ist „Rogue One“eine neue Facette im „Star Wars“-Kosmos. Der Film trägt einer krisengeprägten Zeit Rechnung, in der selbst Fantasy-Welten den Kitsch über Bord werfen und drastischer werden.
Aber Märchen sind auch brutal.
Rogue One: A Star Wars Story. Regie: Gareth Edwards. Mit Felicity Jones, Diego Luna, Ben Mendelsohn, Alan Tudyk u.a. Länge: 133 Minuten. FSK: ab 12.