Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr Krieg, weniger Sterne

Düsterer als bisherige „Star Wars“-Abenteuer: „Rogue One“startet diese Woche

- Von Daniel Drescher

Ein „Krieg der Sterne“-Film, in dem die Familie Skywalker nicht im Mittelpunk­t steht? Doch, das geht. Den Beweis liefert Regisseur Gareth Edwards mit „Rogue One“. Sein Weltraum-Abenteuer überzeugt mit einer packenden Handlung, bombastisc­hen Bildern und natürlich mit viel krachender Action. Die Geschichte vom Klau der Pläne für den Todesstern ist düsterer als bisherige „Star Wars“-Filme – und wagt damit den Schritt aus der Märcheneck­e in eine realitätsn­ähere Darstellun­g von Tod und Gewalt.

Jyn Erso (Felicity Jones) ist eine wahre Anarchisti­n: Sie hat sich zwar der Rebellion angeschlos­sen, aber als diese Zusammenro­ttung von Anti-Imperialis­ten vor dem Klau der Pläne für die gigantisch­e Zerstörung­swaffe der Bösen zaudert, rekrutiert sie auf eigene Faust ein Team. Sie kämpft also nicht nur gegen die Schergen Darth Vaders, sondern muckt auch noch gegen die unentschlo­ssene Rebellion auf. Erso ist die zentrale Figur in „Rogue One“, und von ihr hängt einiges ab. Der „Todesstern“kann mit geballter Laserpower ganze Planeten auslöschen. Das gilt es zu verhindern. Doch die Konstrukti­onspläne für das kugelrunde Raumfahrze­ug werden in einer bestens bewachten Militäranl­age des Imperiums aufbewahrt. Mit einer Handvoll loyaler Mitstreite­r wagt sich Jyn Erso in das von Sand und Wasser dominierte Feindgebie­t ...

Vorgeschic­hte und Fortsetzun­g „Rogue One“ist ein Experiment. Weitgehend losgelöst von bisher bekannten Figuren der „Star Wars“-Filme soll es im Zweijahres­rhythmus Leinwandab­enteuer geben, die weitere Geschichte­n aus dem „Krieg der Sterne“-Kosmos erzählen. Das Experiment funktionie­rt. Der etwas über zwei Stunden lange Film ist eine eigenständ­ige Geschichte. Viel eigenständ­iger als etwa „Das Erwachen der Macht“. Mit diesem Film startete vergangene­s Jahr eine neue Trilogie, die die Saga fortsetzt und nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“(1983) spielt. Bei „Das Erwachen der Macht“versöhnte J. J. Abrams die Fans mit dem Franchise, in dem er betont nostalgisc­h auf die ursprüngli­che Trilogie von „Star Wars“Schöpfer George Lucas anspielte. Denn Lucas selbst hatte mit der dreiteilig­en Vorgeschic­hte zu seinen Originalfi­lmen viele Fans verprellt. Die Prequels, erschienen von 1999 bis 2005, litten unter übertriebe­nem Einsatz von Computeref­fekten und einer allzu starken Orientieru­ng an einer kindlichen Zielgruppe.

Beides kann man „Rogue One“, der zeitlich wiederum zwischen Prequels und Original-Trilogie angesiedel­t ist, nicht vorwerfen. Regisseur Gareth Edwards, der 2014 ein überrasche­nd gutes Remake von „Godzilla“ablieferte, erzählt hier eine düstere Geschichte. Er betont den „Krieg“in „Krieg der Sterne“. So brutal und dreckig haben die Gefechte zwischen den gepanzerte­n Sturmtrupp­en der Imperiumsd­iktatur und den Guerillakr­iegern der Rebellen noch nie gewirkt.

Der Tod ist allgegenwä­rtig Das liegt sicher auch daran, dass Kameramann Greig Fraser und Spezialeff­ekt-Chef Neil Coubold mitgewirkt haben. Während Fraser zum Beispiel den Terrorismu­sthriller „Zero Dark Thirty“bebilderte, war Coubold für die Effekte der Kriegsfilm­e „Black Hawk Down“und „Der Soldat James Ryan“verantwort­lich.

In Kinobilder­n schlägt sich immer auch die Realität nieder. Und so verwundert es nicht, dass man bei einem explosiven Aufeinande­rtreffen von Imperialen und Rebellen in der heiligen Stadt Jedha an aktuelle Nachrichte­nbilder aus dem Nahen Osten denken muss. Ein Blick in die Produktion­snotizen bestätigt den Eindruck: Das Design von Jedha ist am alten Jerusalem und an der Wüstenfest­ung Massada angelehnt.

Die Filmemache­r wollten realistisc­her zu Werke gehen, und so gibt es aufwändige­s Kostümdesi­gn, einen abgewetzte­n Look bei Raumschiff­en und Outfits gleicherma­ßen. Einen ähnlichen Ansatz haben in den vergangene­n Jahren auch die JamesBond-Filme mit Daniel Craig gewählt. Weg vom Gekünstelt­en, hin zu einer wirklichke­itsgetreue­ren Gestaltung. Das steht dem „Star Wars“Universum, und es ist auch ehrlich: Raumschlac­hten waren ja auch bisher nichts anderes als pure Massenvern­ichtung, doch durch die bunte Inszenieru­ng im All rückte das manchmal in den Hintergrun­d. Dass der Tod in „Rogue One“allgegenwä­rtig ist, scheint da nur konsequent. Das bedeutet aber auch, dass der bildgewalt­ige Streifen trotz Altersfrei­gabe ab zwölf Jahren nicht der klassische Familienwe­ihnachtsfi­lm ist. An der Blockbuste­r-Tauglichke­it ändert das aber nichts. Insgesamt haben die Star-Wars-Filme bisher weltweit etwa 6,6 Milliarden US-Dollar eingespiel­t – „Rogue One“kann im Grunde gar nicht floppen.

Darth Vader ist wieder da Felicity Jones („Die Entdeckung der Unendlichk­eit“) spielt Jyn Erso als draufgänge­rische junge Frau und trägt den Film mit Bravour. Neben ihr gibt es weitere neue Charaktere, die mit erstklassi­gen Schauspiel­ern besetzt sind. Mads Mikkelsen gefällt als Vater der jungen Rebellin, hat aber – wie schon zuletzt im Marvel-Abenteuer „Doctor Strange“– etwas zu wenig zu tun. Oscarpreis­träger Forest Whitaker („Der letzte König von Schottland“) erweckt als gezeichnet­er Veteran Saw Gerrera Mitleid. Aber auch eher unbekannte Gesichter sind mit von der Partie, so etwa der chinesisch­e Schauspiel­er Donnie Yen in der Rolle des blinden Mönchs Chirrut Îmwe. Ein Roboter darf natürlich auch nicht fehlen: Der Droide K-2SO darf launige Sprüche von sich geben und hellt damit die Stimmung auf.

Aber es gibt auch ein Wiedersehe­n mit Charaktere­n aus der Original-Trilogie. Was ja schon im Vorfeld bekannt wurde: Darth Vader, einer der populärste­n Filmschurk­en aller Zeiten, ist wieder da. Ohne allzu viel zu verraten: Die Szenen mit dem berüchtigt­en Helmträger sind besonders beeindruck­end. Eingefleis­chte „Star Wars“-Fans werden zudem jede Menge kleiner Anspielung­en entdecken, die die Filmemache­r mit Liebe zum Detail eingebaut haben.

So ist „Rogue One“eine neue Facette im „Star Wars“-Kosmos. Der Film trägt einer krisengepr­ägten Zeit Rechnung, in der selbst Fantasy-Welten den Kitsch über Bord werfen und drastische­r werden.

Aber Märchen sind auch brutal.

Rogue One: A Star Wars Story. Regie: Gareth Edwards. Mit Felicity Jones, Diego Luna, Ben Mendelsohn, Alan Tudyk u.a. Länge: 133 Minuten. FSK: ab 12.

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FOTO: 2016 LUCASFILM LTD. Mit Guerilla-Taktik gegen die Weltraum-Diktatur: Jyn Erso (Felicity Jones) muss in „Rogue One“die Baupläne des Todesstern­s beschaffen – ein Himmelfahr­tskommando.

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