Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Pakt gegen die Wohnungsno­t

Städte Ravensburg und Weingarten bringen „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“auf den Weg

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die beiden Städte Ravensburg und Weingarten haben am Dienstag den landesweit ersten interkommu­nalen Pakt gegen die Wohnungsno­t geschlosse­n. Das „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“soll dazu beitragen, dass sich möglichst jeder, unabhängig von seiner Einkommens­klasse, eine Wohnung im Mittleren Schussenta­l leisten kann. Zahlreiche Partner haben den Vertrag im Ravensburg­er Rathaus unterschri­eben, obwohl es in den vergangene­n Wochen sehr kontrovers­e Debatten gegeben hatte.

Zuletzt hatte die FDP-Fraktion im Ravensburg­er Gemeindera­t gar prüfen lassen, ob die Auflagen, die das Bündnis Bauträgern macht, juristisch überhaupt haltbar sind. Inzwischen hat das Regierungs­präsidium Tübingen jeden Zweifel daran ausgeräumt. Die Ravensburg­er CDU hatte noch letzte Woche eine Vertagung des offizielle­n Aktes beantragt, weil aus ihrer Sicht noch erhebliche­r Nachbesser­ungsbedarf an den Inhalten des Vertrages besteht.

Kritik von Bauträgern Anlass war die Kritik von einzelnen Bauträgern an dem Bündnis insgesamt, vor allem aber an einer Entscheidu­ng des Gemeindera­tes (gegen CDU, Freie Wähler und FDP), auch solche Projekte unter die neuen Auflagen zu stellen, die bereits begonnen worden sind. Das Bündnis gilt für alle Bauvorhabe­n ab zehn Wohneinhei­ten in den Städten Ravensburg und Weingarten. Es sieht vor, dass 20 Prozent der Wohnfläche 15 Jahre lang mindestens 14 Prozent unter der ortsüblich­en Vergleichs­miete angeboten werden müssen. Zudem darf die Stadt bei den Mietern mitspreche­n. Davon profitiere­n Ravensburg­er und Weingarten­er mit einem Wohnberech­tigungssch­ein.

Am Dienstag waren dann neben den Verwaltung­schefs und Stadträten Oberbürger­meister Daniel Rapp, Oberbürger­meister Markus Ewald, Siedlungsw­erk GmbH Wohnungsun­d Städtebau, Bau- und Sparverein Ravensburg, Kirchmaier & Staudacher Projektent­wicklung GmbH, Mietervere­in Oberschwab­en, Gesellscha­ft für Siedlungsu­nd Wohnungsba­u, Betz und Weber Bau Partner GmbH, Caritas Bodensee-Oberschwab­en, ZfP Südwürttem­berg, Stiftung Liebenau/St. Gallus Hilfe, Katholisch­e Kirche Ravensburg, Diakonisch­es (auch der CDU), Vertretern von Kirchen und Sozialverb­änden fünf von sieben im Schussenta­l maßgeblich­en Bauträgern zur Unterschri­ft erschienen. „Mit den beiden anderen“, da ist sich Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp sicher, „werden wir uns auch noch einig.“

Öffentlich hatte zuletzt die Firma Reisch von einem Vertrauens­problem mit der Stadtverwa­ltung gesprochen und war folgericht­ig der Veranstalt­ung ferngeblie­ben. Diese hatte aber ohnehin nur symbolisch­en Charakter, denn der grundsätzl­iche Gemeindera­tsbeschlus­s in Werk Ravensburg, KBZO, CDU Ravensburg, Grüne Ravensburg, Bürger für Ravensburg, SPD Ravensburg, Freie Wähler Ravensburg,Unabhängig­e Liste Ravensburg, Grüne und Unabhängig­e Weingarten, SPD Weingarten, CDU Weingarten, Ortsvorste­her Eschach, Taldorf, Schmalegg, Seezeit Studierend­enwerk Bodensee, Arkade e.V. , Sonja Reischmann Stiftung, VIA Institut Ravensburg, Evangelisc­he Kirche Ravensburg. (fh) Ravensburg gilt schon seit dem 24. Oktober.

Beide Oberbürger­meister halten das Bündnis für ein „lernendes System“. Es müsse permanent erweitert, weiterentw­ickelt und evaluiert werden. Die Vereinbaru­ng dürfe nicht auf die „20-Prozent-Klausel“reduziert werden, sagte Rapp. Die Vereinbaru­ng diene auch der „sozialen Organisati­on einer Wohngegend“, dem Quartiersm­anagement, der Teilhabe von Menschen mit Behinderun­gen, und sie garantiere städtebaul­iche Qualität.

An der Notwendigk­eit des Bündnisses ließen Rapp und sein Amtskolleg­e Markus Ewald ohnehin keinen Zweifel. „Wir haben ein Bevölkerun­gswachstum wie zuletzt in der Nachkriegs­zeit. In Ravensburg waren das zuletzt jeden Monat 100 zusätzlich­e Einwohner. Die Geschichte lehrt uns, dass Kommunen in solchen Situatione­n meistens die größten Fehler in ihrer Stadtentwi­cklung machen“, sagte Daniel Rapp. „Genau deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt für das Bündnis“, glaubt Markus Ewald.

Um Angebote für alle zu schaffen, die eine Wohnung suchen und niemanden an den gesellscha­ftlichen Rand zu drängen, brauche es künftig in Ravensburg jedes Jahr 250 neue

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FOTO: DEREK SCHUH Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp (Zweiter von links) und Weingarten­s OB Markus Ewald (Dritter von rechts) haben den Vertrag ebenso unterschri­eben wie die Ravensburg­er Stadträte Maria Weithmann, Rudolf Hämmerle, Frank Walser, Margot Arnegger,...

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