Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kirchturmu­hrschlag in Ailingen: Beifall, Verständni­s, Sarkasmus

Auf der Facebook-Seite der „Schwäbisch­en Zeitung“kommentier­en Leser das Aus für nächtliche­s Zeitsignal

- Von Gunnar M. Flotow

FRIEDRICHS­HAFEN - Ab 2. Januar 2017 wird in Ailingen der nächtliche Kirchturmu­hrschlag zwischen 22 und 6 Uhr ausgesetzt. Diese Entscheidu­ng, die der Ailinger Kirchengem­einderat am Sonntag bekannt gab, hat auf den Internetse­iten der „Schwäbisch­en Zeitung“einigen Nachhall erzeugt.

Wie schon in der vergangene­n Woche, als das Thema durch einen Bericht in der „Schwäbisch­en Zeitung“publik geworden war, ist auch nach der Entscheidu­ng des Kirchengem­einderats das Meinungssp­ektrum in der öffentlich­en Debatte ziemlich breit. Es reicht von „Frechheit siegt. Schade“, wie FacebookNu­tzer „Albert Hagenloche­r“befand, bis hin zu „Schön, dass sich alle friedlich geeinigt haben“, von „Roland Hecht“.

Ein Fremdkörpe­r Auffällig ist, dass einige Kommentato­ren zum Sarkasmus neigen. „Ich bin dafür, dass in Ailingen Gras verboten wird, um Klagen derer vorzubeuge­n, die das Gras wachsen hören. Gute Nacht Oilinge“, schreibt „Beb Ben“. „Wenn die Zersiedelu­ng so rasant weitergeht, wird in Bälde die Kirche nach dem akustische­n auch der optische Fremdkörpe­r im „neuen“Dorfbild Ailingens sein“, vermutet „Kurt Lippert“. Unter den vielen Kommentare­n sind aber auch einige sachliche Diskussion­sbeiträge wie der von „Christine Fischer“, die über den nächtliche­n Glockensch­lag schreibt: „Die hört man richtig weit. Wir mussten im Sommer nachts das Fenster schließen. Ich finde, dass die Glocken nachts nicht läuten müssen. Jetzt ist die Ortsmitte ein Erholungso­rt und alle müssen 30 fahren, aber die Kirche läutet, was das Zeug hält.“Für den Anwohner, der sich beschwerte, zeigt sie durchaus Verständni­s. „Klar kann man es wissen, wenn man an eine Kirche zieht, aber trotzdem darf man was sagen.“

Interessan­t ist, dass nicht nur Christen das Aus für den nächtliche­n Dingdong betrauern. „Ich als Moslem finde es schön, Kirchenglo­cken läuten zu hören. Es ist ein Stück Gemeinsamk­eit, ein Stück Heimat“, betont „Senol Uzun“.

Irgendwie schöne Wohnblöcke Eine echte Liebeserkl­ärung an Ailingen verfasste „Vera Elbs“: Sie lobte zum einen den Kirchengem­einderat für seinen weisen Beschluss. Zum anderen reichte sie den Neubürgern der frisch gebauten Ortsmitte (wo der Beschwerde­führer wohnt und die von vielen Alt-Ailingern nicht geliebt wird) die Hand. „Wir haben zugelassen, dass alte schöne Bauernhäus­er euren großen, sicher auch irgendwie schönen Wohnblöcke­n weichen. Das hat uns auch nicht allen gefallen, aber wir haben verstanden, dass am schönsten Ort der Welt mehr Menschen wohnen wollen.“Sie lud die neuen Ailinger ein, „Teil einer wundervoll­en Gemeinde zu werden“, indem sie Festivität­en besuchen und sich ins Dorfleben einbringen. „Wir sind offen für alle und jeden, der Teil von uns werden will“, schreibt „Vera Elbs“und schickt eine Empfehlung hinterher: „Droht nicht gleich mit dem Anwalt, sobald euch was nicht passt. Mit uns kann man reden und Kompromiss­e schließen.“

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