Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

An der Realität vorbei

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Vor Reisen nach Afghanista­n wird dringend gewarnt. Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristi­sch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein.“Es bedarf keines großen Recherche-Aufwandes, um diese Einschätzu­ng des Auswärtige­n Amtes zur Sicherheit­slage in Afghanista­n im Internet zu finden. Doch der Bundesinne­nminister scheint davon keine Kenntnis zu haben. Sonst müsste man ja Thomas de Maizière Zynismus unterstell­en, wenn er Menschen dorthin abschieben lässt.

Der Innenminis­ter begründet seine Aktion mit angeblich sicheren Gegenden in Afghanista­n. Doch das ist ein Scheinargu­ment. Die Sicherheit­slage im Land ist nach wie vor schlecht, jährlich sterben mehrere Tausend Zivilisten eines gewaltsame­n Todes. Doch anders als andere Länder hat sich Afghanista­n bereit erklärt, abgelehnte Asylbewerb­er zurückzune­hmen. Im Gegenzug fließt viel Geld an den Hindukusch. Das nennt sich dann wohl Realpoliti­k.

Die Flüchtling­skrise ist der Bundesregi­erung offensicht­lich dermaßen über den Kopf gewachsen, dass sie bereit ist, auf rechtsstaa­tliche Verfahren politische­n Einfluss zu nehmen. Humanitäre Kriterien werden zweitrangi­g, wenn es darum geht, Flüchtling­en aus Afghanista­n zu signalisie­ren, dass sie am besten zu Hause bleiben sollen.

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