Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Das ist Augenwischerei“
BERLIN - Wie kann der Westen im Syrien-Konflikt eingreifen? Andreas Herholz hat dazu mit Professor Udo Steinbach (Foto: oh), NahostExperte an der Berliner HumboldtViadrina School of Governance, gesprochen.
Was muss jetzt geschehen? Man hat es jahrelang versäumt, in Syrien zu intervenieren. Noch immer erweckt die internationale Gemeinschaft den Eindruck, dass der politische Weg der einzig gangbare ist, anstatt entschlossen eine militärische Komponente gegen das syrische und russische Vorgehen zu setzen. Dazu könnte etwa die Kontrolle des Luftraums gehören. Wenn Russland die Vereinten Nationen systematisch außer Kraft setzt, muss man darauf reagieren und handeln. Eine andere Möglichkeit wären gezielte Sanktionen gegen Russland und das Assad-Regime, die für diesen mörderischen Feldzug verantwortlich sind. Russland muss klar werden, dass seine Operationen in Syrien nicht folgenlos bleiben, sondern dem Land teuer zu stehen kommen. Nur so lässt sich ein Denkprozess in Moskau erreichen. Heute kommt man leider in Syrien nicht mehr an Russland vorbei. Moskau kann dort aktuell schalten und walten wie es will. Dennoch muss man Präsident Putin zeigen, dass dies einen hohen Preis haben wird.
Carla del Ponte, die der Unabhängigen Internationalen UN-Untersuchungskommission für Syrien angehört, fordert ein UN-Sondertribunal für die verantwortlichen Kriegsverbrecher … Das ist Augenwischerei. Solche Ausreden und Versuche, abzulenken, haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder gehört. Das ist ein Feigenblatt, das die Untätigkeit verdecken soll.
Muss der Westen jetzt umdenken? Syrien hat mit Assad keine Zukunft. Nach allem, was geschehen ist, ist Syrien nur ohne Assad denkbar. Wenn die internationale Gemeinschaft akzeptieren würde, dass er auch künftig noch eine Rolle im politischen Prozess spielt, wären dies eine Kapitulation und eine Missachtung ihrer Wertvorstellungen. Der Arabische Frühling ist in Syrien in eine Sackgasse geraten.