Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Unruhige Zeiten für Kuba

- Von Georg Ismar und Martin Bialecki, Havanna/Washington

Ende November twitterte der designiert­e US-Präsident Donald Trump gewohnt markig: Wenn Kuba keinen besseren „Deal“für seine Leute und die USA mache, werde er den bestehende­n aufkündige­n. Nur – es gibt gar keinen „Deal“. Was es gibt, ist ein diplomatis­cher Prozess mit Dutzenden einzelner Themen und Gesprächsf­äden. Wo sich Trump hier sieht, ist nicht hinterlegt.

2015 hatte Barack Obama neue Regeln in Kraft gesetzt, die US-Unternehme­n Geschäfte mit Kuba und das Reisen erleichter­n. Einige Beispiele der Annäherung: Ende November landete als erste Direktverb­indung seit mehr als 50 Jahren ein AmericanAi­rlines-Flug in Havanna. 13 US-Airlines haben Anträge auf Flüge nach Kuba gestellt. Das US-Kreuzfahrt­unternehme­n Carnival steuert Kuba seit diesem Jahr an, und die beiden Hotelkonze­rne Marriott und Starwood dürfen ein paar Hotels betreiben.

Castros Bruder Raúl, ein Pragmatike­r, wird den Kurs behutsam fortsetzen. Unter Raúl Castro wurden viele Lizenzen verteilt, die Bürger machen nun erstmals ein bisschen Geld. Aber es dürfen sich keine Ketten bilden, daher wird es auch so etwas wie McDonald’s hier vorerst nicht geben. Mehr als 1700 der sogenannte­n Paladares, private öffentlich­e Diner, soll es schon geben, dazu immer mehr Bars und Privatunte­rkünfte. Zugleich ist die Regierung des sozialisti­schen Karibiksta­ats bemüht, dass der wirtschaft­liche Erfolg Einzelner nicht zu sozialen Spannungen führt.

Per Handstreic­h beenden Trump könnte all das mit einem Federstric­h beenden. Flugverkeh­r, Handel, Banken, Postwesen: Die Veränderun­gen in den Beziehunge­n der einstigen Erzfeinde hat Obama per präsidiale­m Dekret verfügt, ohne Gesetzgebu­ngsverfahr­en. Trump ist daran nicht gebunden. Er könnte den Flugverkeh­r wieder einstellen lassen, die mit viel Trara eröffnete USBotschaf­t in Havanna wieder schließen und die Insel zurück auf die Terrorlist­e setzen lassen. Think Tanks in Washington erwarten aber eher, dass Trump verhandeln wird.

Die Wissenscha­ftler rechnen auch mit einer beidseitig­en Abkühlung des Verhältnis­ses, sprechen wie Roger Noriega vom American Enterprise Institute von einer neuen Eiszeit. Das Brookings-Institut geht von einer Phase distanzier­ten Abtastens aus.

63 Prozent der Amerikaner haben in einer Umfrage die Öffnung gen Kuba begrüßt. Nur 28 Prozent sind dagegen. Ende 2015 war Trump mit der Öffnung gegenüber Kuba noch einverstan­den gewesen, sagte zur Blockade: „50 Jahre sind genug.“Dann wurden im Wahlkampf die Umfragen unter Floridas wichtigen Latinos und Exilkubane­rn enger, und Trump änderte seine Haltung.

Über die Aufhebung des Embargos kann einzig der US-Kongress entscheide­n. Das wird unter den Republikan­ern aber wohl nicht passieren. Kuba-Hardliner wie die Senatoren Ted Cruz und Marco Rubio führen das Wort. (dpa)

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