Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
EU verlängert Sanktionen
Maßnahmen gegen Moskau um sechs Monate ausgedehnt
BRÜSSEL (AFP) - Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich am Donnerstag beim Gipfel in Brüssel darauf geeinigt, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise um weitere sechs Monate zu verlängern. Zudem ebneten sie den Niederländern den Weg für einen neuen Anlauf zur Ratifizierung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine. Sie verabschiedeten eine Reihe von rechtlich bindenden Klarstellungen. Dazu gehört die Zusage, dass das Abkommen die Ukraine nicht zum EU-Beitrittskandidaten macht.
Trotz des massiven Vorgehens der türkischen Führung gegen ihre Gegner bekräftigten die 28 Staatsund Regierungschefs, dass sie am Flüchtlingsabkommen mit Ankara festhalten wollen. Der EU-Gipfel erklärte am Donnerstagabend, eine „vollständige“Umsetzung „aller Aspekte“der Vereinbarung vom März sei wichtig. SEITE 4
BRÜSSEL (dpa) - Trotz Milliardenverlusten für die eigene Wirtschaft verlängert die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Russland bis mindestens 31. Juli 2017. Darauf einigte sich der EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Auch mit einer zweiten Entscheidung stellten sich die 28 Staats- und Regierungschefs gegen Russland: Mit einer Zusatzerklärung wollen sie den Weg zur Ratifizierung des von Moskau scharf kritisierten Partnerschaftsabkommens mit der Ukraine ebnen.
Keim der Ukraine-Krise Das Abkommen, das 2013 Keim der Ukraine-Krise war, lag auf Eis, weil niederländische Wähler im Frühjahr bei einem Referendum mehrheitlich dagegen gestimmt hatten. Die rechtsverbindliche Erklärung soll die Bedenken der niederländischen Kritiker ausräumen. Sie hält vor allem fest, dass das Abkommen der Ukraine nicht die Tür zur EU-Mitgliedschaft öffnet. Ministerpräsident Mark Rutte kündigte an, das Abkommen nun dem Parlament zur Ratifizierung vorzulegen. Alle anderen 27 EU-Länder haben den Vertrag schon ratifiziert.
Das Abkommen sieht deutlich engere Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU sowie Zollfreiheit vor. Die Regelungen zum Handel gelten bereits vorläufig. Russland sieht die Westbindung der Ukraine grundsätzlich kritisch und ist nun seit knapp drei Jahren in den Konflikt um die Ostukraine verwickelt.
Dieser Konflikt war auch der Grund für die EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland 2014. Verlängert wurden sie nun, weil das Minsker Waffenstillstandsabkommen nach wie vor nicht umgesetzt ist. Sie umfassen vor allem Handels- und Investitionsbeschränkungen. Dies soll den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten in der Ostukraine stärker für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen. Die Strafmaßnahmen sind aber in der EU umstritten. Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Robert Fico aus der Slowakei hatte sie noch am Mittwochabend als
unsinnig bezeichnet.
Dauerthema Flüchtlinge Weiteres wichtiges Thema der 28 Staats- und Regierungschefs war der Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik der EU. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ssetzt dabei verstärkt auf den Kampf gegen Menschenschlepper und gegen die Fluchtursachen, wie sie bei ihrer Ankunft in Brüssel sagte. „Entwicklung, Sicherheit und Kampf gegen Menschenschmuggel müssen zusammengehen, damit Menschen nicht in Gefahr geraten“, betonte Merkel.
In der Migrationsfrage konzentriert sich die EU inzwischen auf die Sicherung der Außengrenzen und sogenannte Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern, weil sie in ihrer Asylpolitik keine gemeinsame Linie findet. „Bei Flüchtlingen und Migranten sind wir von der flexiblen zur effektiven Solidarität übergegangen, aber wir sehen wenig Flexibilität, Effektivität oder Solidarität“, kritisierte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz auf Twitter.
Thema Syrien In den Vordergrund drängte sich zu Beginn des Treffens aber die dramatische Lage in Syrien. Der nach Brüssel gereiste Bürgermeister von OstAleppo wurde von den Gipfelteilnehmern empfangen, um die Lage vor Ort zu schildern – nach EU-Angaben eine beispiellose spontane Einladung. Bürgermeister Brita Hagi Hasan appellierte, Beobachter in das Krisengebiet zu schicken. Damit solle sichergestellt werden, dass mehr als 50 000 Zivilisten die Stadt sicher verlassen können.
Neben der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zeigten sich auch der französische Präsident François Hollande, die britische Premierministerin Theresa May und andere Teilnehmer entsetzt über das Leid der Menschen in Aleppo. Mogherini kündigte an, auch Gesprächskanäle zu Iran zu nutzen, um Fortschritte für die Menschen in Aleppo zu erreichen.