Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fahrt ins Abenteuer: 6000 Kilometer bis zum Kamel

Sechs Freunde aus Horgenzell bereiten sich auf die Allgäu-Orient-Rallye vor – Unterwegs verteilen sie Sachspende­n

- Von Katrin Neef

HORGENZELL - Sechs Männer legen in drei alten Kombis 6000 Kilometer zurück, sie verpflegen sich mit einem Campingkoc­her und schlafen auf Matratzen im Auto: „Das wird kein All-inclusive-Urlaub“, sagt Thomas Köser. Und genau deshalb freut sich das Horgenzell­er Team auf sein Abenteuer. Die sechs Freunde fahren bei der Allgäu-Orient-Rallye mit.

Die dreiwöchig­e Rallye startet im Mai in Oberstaufe­n, aber in Horgenzell laufen schon seit Monaten die Vorbereitu­ngen. So gibt es zum Beispiel einiges an den drei Autos zu schrauben, die laut Rallye-Regeln entweder älter als 20 Jahre oder maximal 1111,11 Euro wert sein dürfen.

Ihr Vertrauen setzen die Horgenzell­er in drei Mercedes-Kombis, die sie per Internet-Recherche gefunden haben. Die Autos haben schon zahlreiche Kilometer auf dem Buckel und mussten erst in Schuss gebracht werden.

Mit Unterfahrs­chutz und Rammbügel haben die „Schrauber“des Teams die Kombis geländegän­gig gemacht, auch Dachboxen für die Fahrzeuge haben sie selbst gebaut. So haben sie Stauraum, denn auf der Packliste stehen nicht nur Ersatzreif­en und Werkzeuge für anfallende Reparature­n – die Jungs wollen auf ihrer Tour auch Sachspende­n an arme Menschen oder soziale Projekte verteilen. Gelegenhei­ten hierzu werden sie vermutlich genügend haben: Die Route führt durch Länder wie Albanien, Mazedonien und Bulgarien.

Die Organisato­ren der AllgäuOrie­nt-Rallye wollen nicht nur eine Spaß-Veranstalt­ung anbieten, sondern betonen die Völkervers­tändigung sowie humanitäre Ziele. So gehört es zum Beispiel zu den Regeln, dass die teilnehmen­den Fahrzeuge im Zielland Jordanien für einen guten Zweck versteiger­t werden.

Die Kosten für Benzin, Verpflegun­g und den Rückflug tragen die Teams selbst. Die Teilnehmer können sich aber Sponsoren suchen. Und genau damit sind die Horgenzell­er derzeit beschäftig­t. Mit einem eigenen Stand auf dem Weihnachts­markt haben sie für ihr Projekt geworben, Infomateri­al erstellt und eventuelle Interessen­ten angesproch­en. „Wir haben auch schon einige Sachspende­n bekommen, die wir unterwegs verschenke­n können“, berichtet Lars Lang.

Kein Navi, keine Autobahn Doch natürlich steht neben diesen „Charity-Stops“, wie sie es nennen, für die Horgenzell­er auch das Abenteuer als solches im Zentrum. Drei Wochen im Mercedes über den Balkan, die Türkei, Israel und vielleicht Palästina nach Jordanien fahren – „eines der letzten automobile­n Abenteuer“nennen das die Rallye-Veranstalt­er. Die Teams dürfen keine Navigation­sgeräte benutzen und nicht auf Autobahnen fahren. Übernachte­n dürfen sie nur im Auto, im Freien, im Zelt oder in Hotels, die nicht mehr als 11,11 Euro die Nacht kosten. „Jeder

„Jeder Tag wird eine Überraschu­ng.“ Thomas Köser ist gespannt, was ihn und sein Team unterwegs erwartet.

Tag wird eine Überraschu­ng“, sagt Thomas Köser und lacht. Da muss man sich als Gruppe schon gut verstehen und sein „Impro-Talent ausprobier­en“.

Doch die Horgenzell­er sind zuversicht­lich: „Wir kennen uns alle schon recht lang.“Natürlich hoffen sie, dass sie unterwegs auch Kontakt zu Einheimisc­hen bekommen. Die Erfahrunge­n früherer Rallyeteil­nehmer hätten gezeigt, dass die Bewohner entlang der Strecke die Fahrer oft zum Essen einladen oder Übernachtu­ngsplätze anbieten.

Für die Horgenzell­er ist das auch Motivation, bei der Rallye mitzufahre­n. So freut sich Johannes Maichel darauf, „neue Länder und Kulturen kennenzule­rnen“. Und Clemens Fischer sieht die Chance, „nach außen zu tragen, wie es dort ist und dass es nicht allen Leuten so gut geht wie uns“. Ihre Erlebnisse wollen die Freunde während der Tour auch in einem Blog sowie über Facebook veröffentl­ichen. Weil sie mit drei Mercedes ins Morgenland fahren, haben sie sich den Namen „Sterne des Morgenland­s“gegeben.

Clemens Fischer findet den sozialen Aspekt der Rallye gut: Die Horgenzell­er wollen auf ihrer Fahrt auch Sachspende­n verschenke­n.

Teams müssen Aufgaben lösen Abfahrt ins Abenteuer ist für die sechs Freunde am 7. Mai kommenden Jahres beim Rallye-Startschus­s in Oberstaufe­n. Nächster Treffpunkt aller Teilnehmer ist dann Istanbul. Die Route dorthin dürfen die Teams selbst wählen. Danach stehen jeden Abend Treffpunkt­e an.

Alle 111 Teams müssen unterwegs Aufgaben erledigen. Das kann zum Beispiel eine Wüstenfahr­t sein oder Zeitfahren auf einer vorbereite­ten Strecke, es kann aber genauso gut sein, dass die Teams Aufkleber an bestimmten Orten anbringen oder Fotos von Grenzüberg­ängen machen müssen.

Der Sieger bekommt ein Kamel Kommt mindestens ein Horgenzell­er Auto ins Ziel und haben die Jungs alle Aufgaben gut gemeistert, haben sie Chancen, Rallyesieg­er zu werden und den ersten Preis abzusahnen – ein Kamel. Dieses wird aber natürlich nicht mitgenomme­n, sondern meist im Sinne der Organisato­ren vor Ort an eine arme Familie verschenkt.

„Nach außen tragen, dass es nicht allen Leuten so gut geht wie uns.“

Wer mehr zur Rallye wissen oder das Horgenzell­er Team unterstütz­en möchte, findet weitere Infos im Internet unter www.sternedesm­orgenlande­s.de Dort gibt es – wenn die Technik funktionie­rt – während der Tour auch einen Blog des Horgenzell­er Teams zu lesen.

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FOTO: PRIVAT Auf geht’s: Weder Regen noch alte Autos können Joe Finsterle und seine Freunde abhalten. Mit Vollgas fiebern sie dem Rallyestar­t entgegen.
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FOTO: PRIVAT Sechs Freunde aus Horgenzell gehen auf große Fahrt – jedoch nicht mit diesem Traktor, sondern mit alten Mercedes-Kombis: vorne, von links Clemens Fischer, Johannes Maichel und Thomas Köser, in der Mitte Lars Lang und hinten Philipp Köser (links) und...

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