Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Auch das Publikum singt mit
Chorgemeinschaft Grünkraut gibt Adventskonzert
GRÜNKRAUT (anme) - Erst vor Kurzem hat die Chorgemeinschaft Grünkraut in einem beeindruckenden Konzert die Haydnmesse aufgeführt. Dennoch hat ihr Chorleiter Ulrich Niedermaier am traditionellen Adventskonzert festgehalten und dem treuen Publikum, das so zahlreich die kleine Kirche in Atzenweiler füllte, eine schöne Einstimmung auf das Weihnachtsfest geboten.
Die Besucher schätzten insbesondere die vertraut-familiäre Atmosphäre dieses Konzerts, in dem sie auch selbst zu Mitakteuren werden in den gemeinsam gesungenen Liedstrophen.
Das Konzert trug gottesdienstlichen Charakter: Die von Pfarrer Birkle vorgetragenen Texte wollten Appell sein und zur Vertiefung anregen. An den Beginn setzte Ulrich Niedermaier eine Trilogie alter Adventslieder, die vom Grünkrauter Musiker Rudolf Wetzel (Gründer des Singkreises Ravensburg und des Konzertchors Ravensburg) kompositorisch neu interpretiert und in ihrer Idee musikalisch erweitert wurden; sie sind in ihrer Tonsprache inspiriert vom Stil Hugo Distlers und lassen eine neue, weit gefächerte Aussage anklingen.
Begleitet wurde der Chor von einem jungen Orchester aus dem Umfeld der Musikschule Ravensburg – es spielte ambitioniert, mit großer Spielfreude, und setzte Glanzpunkte. Nach der Alt-Arie (Kerstin Schmid) aus dem Elias erklang die Cantique de Jean Racine, op. 11 von Gabriel Faure, die Nachdichtung eines ambrosianischen Hymnus. Der zugleich durchlässige wie klanglich ausgewogene Chorsatz folgte einer klaren Struktur. Die ausladenden Melodien sind eine Anlehnung an die Romantik und doch deuten ungewöhnlich atonale Töne eine neue Richtung an.
Oratorium darf nicht fehlen Mit dem „Venite Pastores“von J.A. Hasse wählte Ulrich Niedermaier eine kurze wohlklingende Motette mit reizvoller Instrumentierung, der die Terzparallelen ein typisch weihnachtliches Kolorit verleihen. Chor, Sopran, Alt (Sophia Immerz), Tenor (Markus Kimmich) und Orchester finden darin zu einer glückvollen Symbiose.
Bachs Weihnachtsoratorium, das allen Zeitströmungen trotzt und zu einem Hort der Geborgenheit für viele Menschen wird, durfte in diesem Konzert nicht fehlen. Die EchoArie „Flößt mein Heiland“transportierte diese Stimmung, dem Zuhörer wurde im Erkennen des Vertrauten und doch faszinierend Neuen das Geheimnis gewahr: klar und doch unerklärlich.
Flöte hat Echo-Funktion Theresa Immerz und Birgit Arnegger (Sopran) gestalteten es werksgetreu und authentisch mit hellem, strahlendem Sopran. Darin schöpft Bach alle Varianten des Echos aus, indem er die Echostimme außerhalb des Chores platziert. Auch die gegenübergestellte Flöte hat eine Echo-Funktion. So entsteht ein pastorales Ambiente mit wiegender Melodie im Sechsachtel-Takt. Der noch jugendliche Steffen Hail (Flöte) meisterte seinen Part bravourös, begleitet von Julia Boenchendorf am Cello. Ganz in der Weihnachtsfreude angekommen war der Chor in den beiden Sätzen „Es ist ein Ros entsprungen“von Michael Praetorius und „Tollite Hostias“von Camille Saint-Saens.
Beeindruckend war, wie Chor, Orchester und Solisten in den verschiedenen Spielarten adventlicher Frömmigkeit agierten und die musikalischen Impulse an das andächtige Publikum weitergaben.