Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Flaggschiff auf dem Trockenen
Die Tognum-Yacht steht seit vier Jahren in einer Werfthalle bei Hamburg
FRIEDRICHSHAFEN - Einst war sie das Flaggschiff des Unternehmens, seit vier Jahren liegt sie jedoch auf dem Trockenen: die Tognum-Yacht. Rolls-Royce Power Systems, Nachfolger der Tognum AG, kann mit dem 17-Meter-Boot nichts mehr anfangen.
53,78522° nördliche Breite, 9,41778° östliche Länge: Wer mittels des Online-Portals www.marinetraffic.com auf die Suche nach dem Segelschiff „Tognum“geht, erhält diese Koordinaten als letzte gemeldete Position. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine Werfthalle im Nordosten von Hamburg, in Glückstadt an der Elbe. Die letzte Positionsänderung datiert vom 31. Oktober 2012. Anders gesagt: Seit dem Auswassern steht das blaue Segelschiff dort herum – anstatt stets einer Handbreit Wasser nur Luft unterm Kiel.
Der große Törn der „Tognum“, der vorläufig in Glückstadt endete, begann am 25. Mai 2009 mit viel Brimborium im Seglerhafen von Gohren. Am Nachmittag dieses Tages tauft der Häfler Motorenbauer Tognum AG sein Flaggschiff, das von der Knierim-Werft in Kiel gebaut worden war. Ein 13köpfiges Projektteam aus allen Unternehmensbereichen hatte die Organisation, Konzeption und den Bau des 53-Fuß-Racers begleitet. Zweck des Schiffes: Es soll als schwimmendes Fortbildungszentrum zur Qualifikation und Teamentwicklung dienen – und zwar an allen Standorten weltweit.
Kritik an der 1,3-Millionen-Investition in Zeiten einer Wirtschaftskrise wischt Vorstandschef Volker Heuer mit dem Hinweis beiseite, dass „wir in die Motivation und Ausbildung unserer Mitarbeiter investieren“. Den Schlüssel, mit der die Maschine angeworfen wird, nimmt der Betriebsratsvorsitzende Patrick Müller stellvertretend für alle Mitarbeiter entgegen und sagt: „Ich freue mich über diese innovative, intelligente und einfach mal außergewöhnliche Art der Erwachsenenbildung.“Von Mai 2009 bis Oktober 2010 schippert die „Tognum“auf dem Bodensee herum. Danach verliert sich ihre Spur.
Ein Unternehmenssprecher über die Zukunft des 17-Meter-Racers
Warum ist die „Tognum“in Glückstadt gestrandet? „Die Yacht ist derzeit an Land, da sie ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllen kann. Sie stand als Symbol für die damals eigenständige, börsennotierte Tognum AG. Seit der Übernahme ist dieser Zweck nicht mehr gegeben“, teilt ein Sprecher der RollsRoyce Power Systems AG mit.
So wie’s aussieht, kann das Unternehmen mit dem Schiff genauso viel anfangen wie mit alten Briefbögen. „Ein weiterer Einsatz auf dem Bodensee erscheint nicht sinnvoll, weil das Boot nicht für Binnengewässer, sondern für spätere Fahrten auf dem Meer vorgesehen war. Ein Umbau wäre zu kostspielig“, lässt der RollsRoyce-Sprecher wissen. Er stellt klar: „Wir werden das Schiff nicht mehr in Dienst stellen, sondern denken über die weitere sinnvolle Verwendung nach.“
„Ein weiterer Einsatz auf dem Bodensee erscheint nicht sinnvoll.“