Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ist Schnee von oben Schnee von gestern?

- Von Simone Haefele s.haefele@schwaebisc­he.de Von Uwe Jauß u.jauss@schwaebisc­he.de Leere, bestens präpariert­e Pisten und freundlich­es Personal. Von Winterspor­t kann man da doch kaum noch reden.

Schöne, neue Welt. Wir haben uns doch längst daran gewöhnt, dass vieles nicht mehr so ist, wie einst von Mutter Natur gewollt. Beispiele gefällig? Die Schlauchbo­otlippen mancher Damen, die enorme Oberweite manch anderer Damen, das üppige, dunkelschw­arze, dichte Haupthaar eigentlich glatzköpfi­ger 80-Jähriger.

Tja, und jetzt hat eben auch Frau Holle ein wenig an sich herumdokte­rn lassen. Sie wurde – nein, nicht zum Supermodel – zur Schneekano­ne. Und deshalb gibt es mittlerwei­le herrlich weiße Pisten, obwohl noch kein Flöckchen vom Himmel gefallen ist. Und wenn schon. An Märchen glaubt doch eh niemand mehr, ans große Geld aber wohl. Deshalb muss der Rubel rollen, auch im Snow-Business. Und weil die Russen derzeit zu Hause bleiben, müssen wir eben unsere benachbart­en Bergler retten.

Also rein in die Skistiefel und rauf auf die Bretter! Es sind zwar nur zwei von 20 Pisten beschneit, neben dran blühen Gänseblümc­hen, und die Mittagsspi­tze präsentier­t sich im grünen Kleid – Spaß gemacht hat der Skitag Mitte Dezember trotzdem. Die Strecken waren bestens präpariert und fast menschenle­er, das Liftperson­al und die Kellnerin auf der Hütte ausgesproc­hen freundlich. Denn ohne uns skrupellos­e Skifahrer und die fleißigen Schneekano­nen könnten sie endgültig einpacken. Also: Ski heil!

Während jener vergangene­n Zeiten, als Skifahren selbst auf Pisten noch etwas Kerniges hatte, galt eine einfache Regel: War Schnee gefallen, konnte man sich die Bretter an die Füße schnallen. Fehlte die weiße Pracht, ging hingegen nichts. Beschneiun­gsanlagen waren noch höchst unüblich. Weshalb sich sommers auch kein Wanderer über viele hässliche Speicherse­en zum Speisen der Schneekano­nen ärgern musste.

Mangelt es heutzutage an Schnee, versuchen die Skigebiets­betreiber in der Regel alles, um wenigstens einen spärlichen Betrieb auf ihren platt gewalzten, anspruchsl­osen Abfahrtshä­ngen zu ermögliche­n. Damit der Rubel rollt, muss ein winterspor­tliches Herumrutsc­hen möglich sein. Weiße Bänder schlängeln sich dann durch grün-braune Landschaft­en. Bei milden Temperatur­en müssen sie ständig ergänzt werden. Von Winterspor­t kann man da doch kaum noch reden. Das Befahren der weißen Bänder hat viel eher den Charakter einer leichten geistigen Verwirrung.

Klar, dies klingt hart. Ursprüngli­ch war Skifahren aber ein Sport in der Natur. Ist er nur noch durch eine weitgehend­e Manipulati­on derselben möglich, hat der Spaß ein Ende. Dann kann Skifahren auch in der Halle organisier­t werden. Teilweise gibt es dies ja schon.

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