Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Infrarot-Entdecker Herschel war auch Komponist

Das Oberschwäb­ische Kammerorch­ester gastiert mit seinem Weihnachts­konzert im Ravensburg­er Schwörsaal

- Von Babette Caesar

RAVENSBURG - Friedrich Wilhelm Herschel dürfte vor allem Menschen bekannt sein, die sich mit Astronomie beschäftig­en. Doch Herschel war auch Komponist. Mozarts Doppelkonz­ert für Flöte und Harfe ist ebenfalls kein allzu oft aufgeführt­es Werk. Eher klingt einem die Serenade für Streichorc­hester von Antonin Dvorák im Ohr nach. Diese drei Werke umfasste das Weihnachts­konzert des Oberschwäb­ischen Kammerorch­esters am Samstagabe­nd im Schwörsaal unter der Leitung von Marcus Hartmann.

Friedrich Wilhelm Herschels cMoll-Sinfonie Nr. 8 für Streichorc­hester stammt aus seinem Leben als Musiklehre­r, Komponist und Organist. Das fand in der Zeit der 1760erJahr­e in verschiede­nen Städten Englands statt, bevor er sich Anfang der 1770er-Jahre der Erforschun­g des Fixsternhi­mmels zuwandte. Herschel gilt als Entdecker des Planeten Uranus und der Infrarotst­rahlung; nach diesen Entdeckung­en hängte er die Musik an den Nagel. Bis heute kündet das Herschel Space Observator­y in Gestalt eines tonnenschw­eren Infrarot-Weltraumte­leskops, eben dem „Herschel“, von seiner Bedeutung.

Wie es sich mit seiner Musik verhielt, beleuchtet­en die Streicher des Oberschwäb­ischen Kammerorch­esters in sanftes harmonisch­es Aufund Abschwelle­n flicht sich Tönendes ein, das sich kadenzarti­g steigert. Dem Andante in seiner geruhsamen Ausformuli­erung folgt ein Presto, in dem der Kontrast zwischen vibrierend­en Violinen und dem Durchdring­en von Celli und Kontrabass hervorstic­ht.

Ganz anders ist Mozarts Konzert für Flöte, Harfe und Orchester C-Dur KV 299 punktiert, das 1778 in Paris entstand. Zu einer Zeit, als sich das gefeierte Wunderkind erfolglos auf der Suche nach einer Stelle als Kapellmeis­ter befand, seine Stimmung also eher düster war. Dies kommt in seinem zu weiten Teilen heiteren Doppelkonz­ert jedoch allenfalls einigermaß­en unterschwe­llig zum Ausdruck.

Mozart als Vorreiter Diese stilistisc­he Mehrdeutig­keit haben die beiden Solistinne­n – Flötistin Maria Hartmann und Harfenisti­n Maria Stange – zum Klingen gebracht. Unter Hinzunahme eines kleinen Bläsersatz­es im Orchester gelangen sehr schöne flüssige, teils ineinander geschobene Wechsel zwischen Flöte, Harfe und Ensemble. So bewegten sich alle drei auf Augenhöhe in ihrem ebenso kraftvolle­n wie leichtfüßi­gen Spiel. Die fein gesponnene Verklammer­ung beider Solistinne­n besticht, die im langsamen Satz das Gefühl eines Getragense­ins annimmt. Die pausenarti­gen Verzögerun­gen im Flötenspie­l fallen dabei auf und bestärken die melancholi­sche und nachdenkli­che Gestimmthe­it.

Diese löst sich im Rondo zugunsten temporeich­er Wechsel auf. Die Kombinatio­n aus Flöte und Harfe als Soloinstru­mente gab es bis dahin nicht. Das zeichnet Mozart einmal mehr als Vorreiter aus.

Gut 100 Jahre später, 1875, entsteht Dvoráks erste Serenade in E-Dur. Die Streicher gehen sie in gemächlich­em Tempo an, bei dem es zu immer neuen Hinwendung­en von Bratschen zu Geigen, von Celli zu Bratschen kommt. Bis eine erste klangmaler­ische Tanzmelodi­e einsetzt, die im Tempo di valse und im Larghetto ihre Höhepunkte erreicht.

Das Publikum singt mit Als klangselig und von verschwend­erischer Fülle und zugleich in einem überschaub­aren Mindestmaß, was die thematisch­e Verarbeitu­ng angeht, werden sie beschriebe­n. Das Wehmütige Dvoráksche­r Romantik im Kontrast zum Überfließe­n eines Ländlers, ausgelöst durch das Changieren zwischen Dur und Moll, ist das Verlockend­e und Verführeri­sche dieses Abends.

Den mittlerwei­le traditione­llen Schlusspun­kt unter das gut besuchte Weihnachts­konzert setzte Dirigent Marcus Hartmann mit dem schlesisch­en Weihnachts­lied „Auf dem Berge, da wehet der Wind“. Die drei Strophen, die in der Kargheit des oberschles­ischen Gebirges von der ärmlichen Geburt des Jesuskinde­s erzählen, sangen die Zuhörer zum Spiel der Streicher. Es ist eine bedächtige Melodie, die im allgemeine­n Weihnachts­trubel kaum inständige­r auf die eigentlich­e christlich­e Botschaft aufmerksam machen könnte.

 ?? FOTO: BABETTE CAESAR ?? Die Kombinatio­n aus Flöte und Harfe als Soloinstru­mente in einem Konzert setzte Monart als Erster ein. Im Schwörsaal spielen Flötistin Maria Hartmann und Harfenisti­n Maria Stange.
FOTO: BABETTE CAESAR Die Kombinatio­n aus Flöte und Harfe als Soloinstru­mente in einem Konzert setzte Monart als Erster ein. Im Schwörsaal spielen Flötistin Maria Hartmann und Harfenisti­n Maria Stange.

Newspapers in German

Newspapers from Germany