Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Was sich 2017 im Straßenverkehr ändert
Radler dürfen sich nicht mehr an Fußgängerampeln orientieren – Spritverbrauchsangaben werden etwas realistischer
und um den Jahreswechsel gibt es einige Neuerungen im Straßenverkehr. Vor allem radelnde Eltern dürften sich freuen: Sie können ihren Nachwuchs künftig auf dem Fußweg begleiten. Neuwagen müssen sich ab September schärferen Verbrauchstests unterziehen. Ein Überblick zu den Neuregelungen, die 2017 wirksam werden oder kurz vor dem Jahreswechsel in Kraft getreten sind: Rettungsgasse: Auf Autobahnen sowie außerorts auf Straßen mit mindestens zwei Streifen pro Richtung gilt ab sofort: Sobald Autos mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder im Stau stehen, müssen sie eine Rettungsgasse zwischen der äußersten linken Spur und der unmittelbar rechts daneben bilden. Bei drei oder vier Spuren fahren also die Autos auf dem linken Streifen nach links und alle anderen nach rechts. Bisher sollte etwa bei vier Spuren die Gasse in der Mitte gebildet werden. „Die Unterscheidung nach Anzahl der Fahrstreifen wird damit endlich aufgegeben“, sagt Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). „Diese Regelung schafft Klarheit und wird die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer erhöhen.“ 30er-Zonen: Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, die auf 30 km/h reduziert werden kann, wenn es sich zum Beispiel um einen Unfallschwerpunkt handelt. Auf Hauptverkehrsstraßen hingegen waren die Hürden für eine Absenkung auf Tempo 30 bislang sehr hoch. Nun sollen Gemeinden eine 30er-Zone vor Schulen, Kindergärten oder Altenheimen leichter ausweisen können, auch wenn diese an Hauptstraßen liegen.
E-Bikes auf Radwegen: E-Bikes, die bis Tempo 25 rein elektrisch fahren können, dürfen jetzt auch auf dafür freigegebenen Radwegen rollen. Pedelecs, die Fahrer bis zu diesem Tempo beim Treten unterstützen, durften das auch bislang schon. Kenntlich gemacht werden soll dies zukünftig mit einem neuen Verkehrsschild für E-Bikes. Die schnelleren S-Pedelecs jedoch sind davon ausgenommen, sie müssen auch weiterhin auf der Straße fahren. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) erwartet jedoch ein Durcheinander. „Leider ist die Definition hier nicht eindeutig genug“, sagt Anja Smetanin vom VCD. Es sei zu befürchten, dass künftig S-Pedelecs mit einer Unterstützung bis 45 km/h auch auf den für E-Bikes freigegebenen Radwegen unterwegs seien.
Ampel-Regelung: Bislang galten für Fahrradfahrer die Fußgängerampeln, wenn an Kreuzungen keine eigenen Lichtzeichen für Radler vorhanden waren. Ab 2017 gilt laut Straßenverkehrsordnung: „Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten.“Auf gekennzeichneten Radwegen gelten die besonderen Ampeln für den Radverkehr.
Radelnde Familien: Bislang mussten Eltern, die kleine Kinder begleiten, auf dem Radweg oder der Straße fahren, während die Kinder mit ihrem Rad den Fußweg nutzen durften. Das wurde geändert: Eltern dürfen jetzt mit Kindern bis zum vollendeten achten Lebensjahr gemeinsam auf dem Gehweg radeln. Eine längst überfällige Entscheidung, wie der VCD betont. „Es war völlig realitätsfremd, dass Kleinkinder und Eltern voneinander getrennte Wege nutzen mussten“, sagt Smetanin.
Gebühren für HU und Führerschein: Nach acht Jahren steigen die Gebühren für Führerscheinprüfungen sowie für die Hauptuntersuchung von Autos. Die theoretische Prüfung kostet jetzt 11,90 statt rund 11,10 Euro. Für die inzwischen übliche Prüfung am Computer werden 10,60 Euro fällig. Für die praktische Pkw-Prüfung müssen 91,75 Euro bezahlt werden. Die praktische Motorrad-Prüfung verteuert sich auf 121,38 Euro. Ebenfalls teurer wird die in der Regel alle zwei Jahre fällige Hauptuntersuchung. Je nach Bundesland werden Gebühren zwischen 34,99 und 54,86 Euro erhoben.
Euro 4 für Motorräder: Neue Motorräder und Kleinkrafträder können ab Januar 2017 nur noch dann für den Verkehr zugelassen werden, wenn sie den Schadstoffvorgaben der Euro 4 entsprechen. Gegenüber der bislang geltenden Euro-3-Norm verringert sich der Emissionsausstoß um mehr als die Hälfte. Der maximale Geräuschpegel darf bei Motorrädern über 175 Kubik nicht mehr als 80 dB (A) betragen. Die Neuregelung gilt jedoch nur für Erstzulassungen, alte Bikes genießen Bestandsschutz. Das könnte bedeuten, dass viele Händler jetzt noch die alten Maschinen loswerden wollen. Schnäppchen könnten die Folge sein.
Spritverbrauch: Neuwagen werden ab September 2017 nach dem „Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedures“(WLTP) geprüft. Dieser Testzyklus wird zwar auch auf einem Rollenprüfstand absolviert. Er ist jedoch umfangreicher und dürfte zumindest zu etwas realistischeren Verbrauchsangaben führen. Letztlich, so Smetanin, bedürfe es aber Verbrauchstests unter realen Straßenbedingungen. Denn auch bei WLTP dürften die Hersteller auf legale Schlupflöcher zurückgreifen. So entspreche beispielsweise die Temperatur im Labor nicht den realen durchschnittlichen mitteleuropäischen Außentemperaturen, die wiederum die Abgasreinigung sowie den Verbrauch beeinflussen. (dpa)