Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Was sich 2017 im Straßenver­kehr ändert

Radler dürfen sich nicht mehr an Fußgängera­mpeln orientiere­n – Spritverbr­auchsangab­en werden etwas realistisc­her

- Von Claudius Lüder

und um den Jahreswech­sel gibt es einige Neuerungen im Straßenver­kehr. Vor allem radelnde Eltern dürften sich freuen: Sie können ihren Nachwuchs künftig auf dem Fußweg begleiten. Neuwagen müssen sich ab September schärferen Verbrauchs­tests unterziehe­n. Ein Überblick zu den Neuregelun­gen, die 2017 wirksam werden oder kurz vor dem Jahreswech­sel in Kraft getreten sind: Rettungsga­sse: Auf Autobahnen sowie außerorts auf Straßen mit mindestens zwei Streifen pro Richtung gilt ab sofort: Sobald Autos mit Schrittges­chwindigke­it fahren oder im Stau stehen, müssen sie eine Rettungsga­sse zwischen der äußersten linken Spur und der unmittelba­r rechts daneben bilden. Bei drei oder vier Spuren fahren also die Autos auf dem linken Streifen nach links und alle anderen nach rechts. Bisher sollte etwa bei vier Spuren die Gasse in der Mitte gebildet werden. „Die Unterschei­dung nach Anzahl der Fahrstreif­en wird damit endlich aufgegeben“, sagt Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­at (DVR). „Diese Regelung schafft Klarheit und wird die Akzeptanz der Verkehrste­ilnehmer erhöhen.“ 30er-Zonen: Innerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n gilt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 50 km/h, die auf 30 km/h reduziert werden kann, wenn es sich zum Beispiel um einen Unfallschw­erpunkt handelt. Auf Hauptverke­hrsstraßen hingegen waren die Hürden für eine Absenkung auf Tempo 30 bislang sehr hoch. Nun sollen Gemeinden eine 30er-Zone vor Schulen, Kindergärt­en oder Altenheime­n leichter ausweisen können, auch wenn diese an Hauptstraß­en liegen.

E-Bikes auf Radwegen: E-Bikes, die bis Tempo 25 rein elektrisch fahren können, dürfen jetzt auch auf dafür freigegebe­nen Radwegen rollen. Pedelecs, die Fahrer bis zu diesem Tempo beim Treten unterstütz­en, durften das auch bislang schon. Kenntlich gemacht werden soll dies zukünftig mit einem neuen Verkehrssc­hild für E-Bikes. Die schnellere­n S-Pedelecs jedoch sind davon ausgenomme­n, sie müssen auch weiterhin auf der Straße fahren. Der Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD) erwartet jedoch ein Durcheinan­der. „Leider ist die Definition hier nicht eindeutig genug“, sagt Anja Smetanin vom VCD. Es sei zu befürchten, dass künftig S-Pedelecs mit einer Unterstütz­ung bis 45 km/h auch auf den für E-Bikes freigegebe­nen Radwegen unterwegs seien.

Ampel-Regelung: Bislang galten für Fahrradfah­rer die Fußgängera­mpeln, wenn an Kreuzungen keine eigenen Lichtzeich­en für Radler vorhanden waren. Ab 2017 gilt laut Straßenver­kehrsordnu­ng: „Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeich­en für den Fahrverkeh­r zu beachten.“Auf gekennzeic­hneten Radwegen gelten die besonderen Ampeln für den Radverkehr.

Radelnde Familien: Bislang mussten Eltern, die kleine Kinder begleiten, auf dem Radweg oder der Straße fahren, während die Kinder mit ihrem Rad den Fußweg nutzen durften. Das wurde geändert: Eltern dürfen jetzt mit Kindern bis zum vollendete­n achten Lebensjahr gemeinsam auf dem Gehweg radeln. Eine längst überfällig­e Entscheidu­ng, wie der VCD betont. „Es war völlig realitätsf­remd, dass Kleinkinde­r und Eltern voneinande­r getrennte Wege nutzen mussten“, sagt Smetanin.

Gebühren für HU und Führersche­in: Nach acht Jahren steigen die Gebühren für Führersche­inprüfunge­n sowie für die Hauptunter­suchung von Autos. Die theoretisc­he Prüfung kostet jetzt 11,90 statt rund 11,10 Euro. Für die inzwischen übliche Prüfung am Computer werden 10,60 Euro fällig. Für die praktische Pkw-Prüfung müssen 91,75 Euro bezahlt werden. Die praktische Motorrad-Prüfung verteuert sich auf 121,38 Euro. Ebenfalls teurer wird die in der Regel alle zwei Jahre fällige Hauptunter­suchung. Je nach Bundesland werden Gebühren zwischen 34,99 und 54,86 Euro erhoben.

Euro 4 für Motorräder: Neue Motorräder und Kleinkraft­räder können ab Januar 2017 nur noch dann für den Verkehr zugelassen werden, wenn sie den Schadstoff­vorgaben der Euro 4 entspreche­n. Gegenüber der bislang geltenden Euro-3-Norm verringert sich der Emissionsa­usstoß um mehr als die Hälfte. Der maximale Geräuschpe­gel darf bei Motorräder­n über 175 Kubik nicht mehr als 80 dB (A) betragen. Die Neuregelun­g gilt jedoch nur für Erstzulass­ungen, alte Bikes genießen Bestandssc­hutz. Das könnte bedeuten, dass viele Händler jetzt noch die alten Maschinen loswerden wollen. Schnäppche­n könnten die Folge sein.

Spritverbr­auch: Neuwagen werden ab September 2017 nach dem „Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedures“(WLTP) geprüft. Dieser Testzyklus wird zwar auch auf einem Rollenprüf­stand absolviert. Er ist jedoch umfangreic­her und dürfte zumindest zu etwas realistisc­heren Verbrauchs­angaben führen. Letztlich, so Smetanin, bedürfe es aber Verbrauchs­tests unter realen Straßenbed­ingungen. Denn auch bei WLTP dürften die Hersteller auf legale Schlupflöc­her zurückgrei­fen. So entspreche beispielsw­eise die Temperatur im Labor nicht den realen durchschni­ttlichen mitteleuro­päischen Außentempe­raturen, die wiederum die Abgasreini­gung sowie den Verbrauch beeinfluss­en. (dpa)

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FOTO: DPA Längst nicht überall sind Radampeln vorhanden. Fehlen sie, gelten für Radler ab kommendem Jahr nicht mehr die Fußgänger-, sondern die Autoampeln.

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