Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Weihnachtsfluchbezwinger
Die Ulmer Basketballer gewinnen in München mit 87:79 – Ohlbrecht verletzt sich schwer
MÜNCHEN - Langsam muss man sich wirklich fragen, wie und wann diese fast schon unheimliche Siegesserie der Ulmer Basketballer enden soll. 15 Spiele, 15 Siege, darunter auch der Triumph gegen Abomeister Bamberg und gestern auch noch dieser Coup in München. Nach dem 87:79 (41:40) beim FC Bayern bleiben die Basketballer von Ratiopharm Ulm Tabellenführer der BBL. Gewinnen sie am Freitag auch noch die nächste Partie gegen Göttingen, hätten sie eine perfekte Hinrunde gespielt.
Nicht erst seit dem gestrigen Coup scheint dies eine recht machbare Aufgabe. Ganz nebenbei bezwang die Mannschaft von Trainer Thorsten Leibenath auch noch ihren veritablen Münchner Weihnachtsfluch. Zum fünften Mal hintereinander mussten die Ulmer gestern rund um Weihnachten im Audi-Dome antreten. Nun gewannen, ach was: triumphierten sie zum ersten Mal.
Und das, obwohl sie ohne Spielmacher und Sympathieträger Per Günther hatten antreten müssen und im zweiten Viertel auch noch Center Tim Ohlbrecht mit einer mutmaßlich schwereren Verletzung verloren. Günther konnte wegen Nackenproblemen nicht mitmachen, verfolgte das Spiel von der Bank. „Es war ein sehr intensives Spiel. Die Mannschaft hat einige Situationen bewältifgen müssen und hat diese in absolut beeindruckender Weise bewältigt“, sagte Trainer Thorsten Leibenath, der sich wünschte, dass „die Mannschaft stolz ist auf ihre Leistung“.
Morgan überragt Nach fünf Minuten gingen die Ulmer zum ersten Mal in Führung, Raymar Morgan, der Topscorer, traf mit seinen ersten Punkten des Spiels zum 11:9. Am Ende sollte Morgan 21 Punkte gesammelt haben, mal wieder der Bestwert aller auf dem Parkett. Und ist Ulm einmal in Führung, gibt es diese so leicht nicht mehr her. Einen Dreier und einen schnellen Angriff später war die Führung schon recht komfortabel. Bayerns Trainer Sasa Djordjevic nahm, ziemlich angesäuert, viereinhalb Minuten vor Ende des ersten Viertels seine erste Auszeit. „Meine Spieler sind nicht mit dem guten körperlichen Spiel der Ulmer zurecht gekommen“, sagte er später. Die Bayern kamen zwar noch einmal ran, das Viertel endete aber mit einer Vierpunkteführung Ulms: 25:21.
Im zweiten Viertel ging es noch robuster zu, in der 14. Minute glichen die Münchner zum 27:27 aus, unmittelbar danach krümmte sich Ohlbrecht mit Schmerzen am Boden und hielt sich das Knie. Gestützt von zwei Kollegen humpelte er, ohne mit dem rechten Fuß auftreten zu können, vom Feld. Die Ulmer schienen völlig geschockt, es vergingen ein paar Minuten ganz ohne Korberfolg. Ulm verlor den Faden, in der 16. Minute gingen die Bayern wieder in Führung, die sie auf sieben Punkte ausbauen konnten. Es blieb die einzige kritische Phase im Spiel des Tabellenführers, zur Halbzeit führte Ulm hauchdünn mit 41:40.
Es blieb knapp, es blieb rassig, es wurde zum Thriller. Uli Hoeneß, der als Präsident des FC Bayern München schon vor seiner Haftzeit das Basketballprojekt maßgeblich angeschoben hatte und gestern natürlich auch live mitfieberte, lehnte sich immer wieder nach vorne, um ganz genau hinschauen zu können. Für den Club-Patriarchen war es ja auch das Duell seines Teams gegen die Mannschaft aus seiner Geburtsstadt; der junge Hoeneß spielte in der Ulmer Stadtschülermannschaft.
Von ihren Courtplätzen mussten die Münchner Honoratioren auch miterleben, dass die zahlreich mitgereisten Ulmer Fans mindestens genauso laut waren wie der Bayernanhang – und das ganz ohne Klatschpappen; der Zum-Nägelkauen-Spielverlauf tat sein Übriges: 59:58 für Ulm zum Ende des dritten Viertels. Fünf Minuten vor Schluss zogen die Schwaben dann davon. Bayern versuchte es mit einer Auszeit, Trainer Djordjevic wechselte einige Spieler aus, machte die Spielenden zur Schnecke, versuchte es mit aufmunternden Schreien – vergebens. Gegen diese Ulmer hilft alles Brüllen nichts.
Beste Werfer: Lucic (18), Kleber (15), Barthel (10) für München. – Morgan (21), Babb (16), Rubit (14), Butler (13) für Ulm. – Zuschauer: 6700.