Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zahl der Wildschwei­ne nimmt weiter zu

In vielen Landstrich­en verursacht Schwarzwil­d wachsende Schäden

- Von Uwe Jauß mit dpa

LINDAU - Bayernweit sind in der vergangene­n Jagdsaison 2015/2016 so viele Wildschwei­ne wie nie zuvor geschossen worden. Die Strecke beträgt fast 85 500 Tiere. Sie ist ein Hinweis auf eine weitere Zunahme der Schwarzwil­dbestände. Nicht anders sieht es in Baden-Württember­g aus, dort erlegten die Jäger in der vergangene­n Saison bis April rund 68 000 Wildschwei­ne, in einigen Landesteil­en war das die höchste Strecke, die jemals geschossen wurde. „Grundsätzl­ich ist es bundesweit und internatio­nal zu sehen, dass Bestände zunehmen“, bestätigte der Leiter der Wildforsch­ungsstelle Aulendorf, Janosch Arnold.

„Diese Entwicklun­g führt zu erhebliche­n Wildschäde­n“, betont ein Sprecher des Bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­teriums. Doch woher die Entwicklun­g? Untersuchu­ngen haben ergeben, dass ein milder werdendes Klima einen entscheide­nden Einfluss hat. So ist die Ernährungs­situation besser geworden. „Die Tiere haben einen reich gedeckten Tisch zu allen Jahreszeit­en“, sagt Max Peter von Montgelas, Schwarzwil­d-Experte des Bayerische­n Jagdverban­ds. Waldbesuch­er können sich davon überzeugen. Fast jedes Jahr gibt es inzwischen eine Eichen- und Buchenmast, die Bäume tragen also sehr viele Früchte. Dass dies so oft vorkommt, hat mit dem höheren Temperatur­niveau zu tun. Es führt bei Eichen und Buchen zu Notblüten. Weil wegen der relativ milden Winter zudem weitaus mehr Frischling­e überleben, fällt auch in diesem Zusammenha­ng eine Reduktion der Bestände aus.

Ein weiterer Grund für die steigende Sauenzahl liegt im Maisanbau. Er hat seit 15 Jahren stark zugenommen. Dies hat teilweise mit dem Aufkommen von Biogasanla­gen zu tun. Mais kann in ihnen als Gärmateria­l dienen. Für Wildschwei­ne sind seine Körner aber eine Delikatess­e. Zudem bieten die Felder eine hervorrage­nde Deckung. Dies erschwert die Bejagung der als schlau geltenden Tiere zusätzlich. Wo sich hohe Bestände breitgemac­ht haben, wird teils heftig über die richtige Bejagungss­trategie gestritten.

Ein Punkt bei der Diskussion behandelt den Einsatz von Nachtzielg­eräten, weil die Tiere meist in der Dunkelheit aktiv sind. Der Einsatz solcher Zielhilfen ist in Deutschlan­d jedoch laut Waffengese­tz für Privatpers­onen verboten. Führende Kreise im Bayerische­n Jagdverban­d sehen keinen Grund, hier etwas zu ändern. Sie befürchten einen Missbrauch der Nachtzielt­echnik durch die Jagd auf anderes Wild. Nach eigener Aussage hat das Landwirtsc­haftsminis­terium aber „die jagdrechtl­ichen Voraussetz­ungen geschaffen, um die rechtssich­ere Verwendung von Nachtzielt­echnik in Problemgeb­ieten zu ermögliche­n“. Demnach kann nach den vorliegend­en Informatio­nen ein Landratsam­t einen Jäger beauftrage­n, mit entspreche­nder Ausrüstung Jagd auf Sauen zu machen.

Die steigende Zahl an Wildschwei­nen hat noch einen anderen Effekt: Die Tiere kommen dem Menschen näher. In Schwäbisch Gmünd landeten im Oktober vier Wildschwei­ne in einem Gartenpool, in Mannheim raste ein Borstentie­r nachts durch ein Fitnessstu­dio.

 ?? FOTO: DPA ?? Wildschwei­ne finden reichlich Nahrung vor und vermehren sich entspreche­nd.
FOTO: DPA Wildschwei­ne finden reichlich Nahrung vor und vermehren sich entspreche­nd.

Newspapers in German

Newspapers from Germany