Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schweden und Türken in Wien
D ie beiden Klaviertrios von Schubert sind recht ungleiche Brüder, was die Popularität betrifft. Das zweite Trio erfreut sich sogar im Kino großer Beliebtheit, vor allem sein zweiter Satz. Nach Kubricks „Barry Lyndon“(1975) hat er in einem halben Dutzend Filmen Karriere gemacht.
1978 hat man entdeckt, dass sich Schubert hier von einem Volkslied inspirieren ließ, das der schwedische Tenor Isak Albert Berg 1827 bei Auftritten in Wien vorgetragen hat. Bei Harmonia Mundi liegt eine schöne Aufnahme der Trios vor. Die neue Aufnahme beim selben Label mit dem Pianisten Andreas Staier, dem Geiger Daniel Sepec und dem Cellisten Roel Dieltiens bringt den Klangcharakter der einzelnen Instrumente besonders deutlich zur Geltung.
Staier spielt den Nachbau eines Hammerklaviers von Conrad Graf mit fünf Pedalen, das über einen Janitscharenzug verfügt: ein Instrumentarium aus Schellen, Becken und Trommeln, das Instrumente der türkischen Militärmusik imitiert. Das klingt wie ein altes Kettenkarussell. In Wien sei diese Technik damals sehr verbreitet gewesen, sagt Staier. Er lässt den Janitscharenzug im Scherzo losrasseln. Daniel Sepecs Cremoneser Geige fängt die Drastik mit ausgesuchter Eleganz wieder ein. (man)
Schubert: Klaviertrios op. 99 & 100. HMC 902233.34