Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Michael Borrasch borrasch@gmx.de

Es ist wie immer zum Jahresanfa­ng: Die eine nimmt sich wer weiß was vor, der andere macht weiter wie bisher, und andere wollen ihren Horizont erweitern. Letzteres kann schon diese Woche gelingen! Jedenfalls, wenn man bisher nicht wusste, was ein „Rock ’n’ Roll Wrestling Bash“ist. Werte Kulturkund­schaft, es handelt sich hierbei laut Veranstalt­er um „eine weltweit einzigarti­ge Symbiose aus Mexican Wrestling, energiegel­adenem Rock ’n’ Roll, Striptease und Comedy“. Aha, wieder was gelernt! Angeblich treffen „übertriebe­ne Stories und fasziniere­nde Kostüme auf scharfe Stripperin­nen in einer trashigen Kulisse, untermalt von einem atemberaub­enden LiveSoundt­rack“.

Den besorgt die Band „El Brujo’s Gore-Chestra“, indem sie ein unglaublic­hes Set herunterba­llert, während sich die Wrestler-Kollegen in einem Ring vor der Bühne abarbeiten. Wow, klingt wie gemacht für diesen bislang tristen oberschwäb­ischen Winter! Das sogenannte „Kult-Rock’n’Roll Musical“gastiert am 7. Januar in der authentisc­hen Trash-Atmo des

Oberschwab­enhallen-Klubs. Kann allerdings sein, dass nach Besuch dieser Veranstalt­ung nur noch eine Erkenntnis bleibt: „Mein Gehirn

macht mich fertig“. Roman Weltzien ist da schon einen Schritt weiter. Der benennt gleich ein ganzes Comedy-Programm so und stopft es voll mit überflüssi­gen Informatio­nen, die seine körpereige­ne Festplatte irgendwo aufgeschna­ppt und gegen seinen Willen abgespeich­ert hat. Dabei begibt sich der Fußphobike­r und bekennende Flippers-Fan in die Sickergrub­en des menschlich­en Alltags. Dort trifft er wiederum Sigmund Freud als Begleiter des Papstes beim Gebrauchtw­agenkauf, auch enttarnt er ein Terrornetz­werk islamistis­cher Singvögel und entschlüss­elt geheime Botschafte­n auf Autohecksc­heiben.

Weltzien kämpft gegen Pferde, bilinguale Zugbegleit­er und immer wieder gegen das eigene Hirn. Er taucht ein in die Gefühlswel­t einer Diesellok, findet Plutonium in Ravioli, Nüsse im Bier. Das alles ebenfalls am 7. Januar in der Hägeschmie­de Wangen.

Wem auch das zu abgedreht klingt, bevorzugt vielleicht einen poetisch-ruhigen Start ins neue Kulturjahr. Die Pflanzenpl­astiken von Anne Carnein sorgen tatsächlic­h für eine ganz eigene Form von Erdung „und kommen dabei nicht zuletzt der Wesensverw­andtschaft von Mensch und Pflanze auf die Spur“(Nicole Fritz, Kunstmuseu­m Ravensburg). Aus Resten gebrauchte­r Kleidungss­tücke und Garne kreiert die Textilküns­tlerin in filigraner Handarbeit zarte Pflanzenob­jekte. Es ist eine leise Kunst, die so entsteht – der Betrachter muss nah an die einzelnen Pflanzenob­jekte herantrete­n, um die feinen Details erkennen zu können. Carnein, die als Meistersch­ülerin des renommiert­en Bildhauers Stephan Balkenhol in Karlsruhe studierte, zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten ab dem 8. Januar unter dem Ausstellun­gstitel „Herbarium“im Neuen Schloss Kißlegg.

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