Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kultur leben
Es ist wie immer zum Jahresanfang: Die eine nimmt sich wer weiß was vor, der andere macht weiter wie bisher, und andere wollen ihren Horizont erweitern. Letzteres kann schon diese Woche gelingen! Jedenfalls, wenn man bisher nicht wusste, was ein „Rock ’n’ Roll Wrestling Bash“ist. Werte Kulturkundschaft, es handelt sich hierbei laut Veranstalter um „eine weltweit einzigartige Symbiose aus Mexican Wrestling, energiegeladenem Rock ’n’ Roll, Striptease und Comedy“. Aha, wieder was gelernt! Angeblich treffen „übertriebene Stories und faszinierende Kostüme auf scharfe Stripperinnen in einer trashigen Kulisse, untermalt von einem atemberaubenden LiveSoundtrack“.
Den besorgt die Band „El Brujo’s Gore-Chestra“, indem sie ein unglaubliches Set herunterballert, während sich die Wrestler-Kollegen in einem Ring vor der Bühne abarbeiten. Wow, klingt wie gemacht für diesen bislang tristen oberschwäbischen Winter! Das sogenannte „Kult-Rock’n’Roll Musical“gastiert am 7. Januar in der authentischen Trash-Atmo des
Oberschwabenhallen-Klubs. Kann allerdings sein, dass nach Besuch dieser Veranstaltung nur noch eine Erkenntnis bleibt: „Mein Gehirn
macht mich fertig“. Roman Weltzien ist da schon einen Schritt weiter. Der benennt gleich ein ganzes Comedy-Programm so und stopft es voll mit überflüssigen Informationen, die seine körpereigene Festplatte irgendwo aufgeschnappt und gegen seinen Willen abgespeichert hat. Dabei begibt sich der Fußphobiker und bekennende Flippers-Fan in die Sickergruben des menschlichen Alltags. Dort trifft er wiederum Sigmund Freud als Begleiter des Papstes beim Gebrauchtwagenkauf, auch enttarnt er ein Terrornetzwerk islamistischer Singvögel und entschlüsselt geheime Botschaften auf Autoheckscheiben.
Weltzien kämpft gegen Pferde, bilinguale Zugbegleiter und immer wieder gegen das eigene Hirn. Er taucht ein in die Gefühlswelt einer Diesellok, findet Plutonium in Ravioli, Nüsse im Bier. Das alles ebenfalls am 7. Januar in der Hägeschmiede Wangen.
Wem auch das zu abgedreht klingt, bevorzugt vielleicht einen poetisch-ruhigen Start ins neue Kulturjahr. Die Pflanzenplastiken von Anne Carnein sorgen tatsächlich für eine ganz eigene Form von Erdung „und kommen dabei nicht zuletzt der Wesensverwandtschaft von Mensch und Pflanze auf die Spur“(Nicole Fritz, Kunstmuseum Ravensburg). Aus Resten gebrauchter Kleidungsstücke und Garne kreiert die Textilkünstlerin in filigraner Handarbeit zarte Pflanzenobjekte. Es ist eine leise Kunst, die so entsteht – der Betrachter muss nah an die einzelnen Pflanzenobjekte herantreten, um die feinen Details erkennen zu können. Carnein, die als Meisterschülerin des renommierten Bildhauers Stephan Balkenhol in Karlsruhe studierte, zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten ab dem 8. Januar unter dem Ausstellungstitel „Herbarium“im Neuen Schloss Kißlegg.