Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So schön kann Seelenqual klingen

Trotz Ulrich Gröners Erkrankung bezaubert die Sinfoniett­a Bodensee-Oberschwab­en im Silvesterk­onzert

- Von Christel Voith

RAVENSBURG - Mit virtuoser Barockmusi­k hat die Sinfoniett­a Bodensee-Oberschwab­en am Samstagabe­nd ihre begeistert­en Zuhörer im Konzerthau­s in die Silvestern­acht geführt.

Zwar war das Konzert trotz der zeitgleich in der Liebfrauen­kirche stattfinde­nden Mozartsche­n Krönungsme­sse (siehe Bericht unten) längst ausverkauf­t, doch dann hing die Durchführu­ng zuletzt am seidenen Faden. Denn Professor Ulrich Gröner, der Gründer und künstleris­che Leiter der Sinfoniett­a, war erkrankt, und auch die Solistin Maria Hegele wurde gerade noch rechtzeiti­g „annähernd gesund“, wie Michael Wieder in seiner Begrüßung erzählte. Kurzfristi­g ist Wieder, der Konzertmei­ster der Kammerphil­harmonie Bodensee-Oberschwab­en, eingesprun­gen und hat mit den Musikern noch drei Tage intensiv geprobt und damit das Konzert nicht nur gerettet, sondern zu einem großartige­n Erfolg werden lassen.

Glockenrei­ner Mezzosopra­n In transparen­tem Miteinande­r spielten die Musiker zum Auftakt die Ouvertüre aus Georg Friedrich Händels Oper „Ariodante“, aus der auch die zwei Arien stammten, mit denen sich nun die junge Tettnanger Sängerin Maria Hegele einführte, derzeit im Masterstud­ium am Mozarteum Salzburg. Glockenrei­n stand ihr geschmeidi­ger Mezzosopra­n im Raum, allen Seelenschm­erz der Arie legte sie in den Gesang – so schön kann Seelenqual klingen, in einer Dramatik, die nicht laut wird, sondern sich auf einer inneren Bühne abspielt. Welch ein Kontrast zur folgenden Arie „Qui d’amor“, in der die Sängerin selige Verliebthe­it erleben ließ. Ebenso schwebende Leichtigke­it lag in den verliebten Kolorature­n der Arie „Lascia omai le brune vele“, die nun vom zweiten Solisten, dem virtuosen Blockflöti­sten Carsten Eckert, fröhlich umrankt wurde – ein herrlicher Wettstreit von tirilieren­der Flöte und mädchenhaf­t anmutiger, neckender Stimme. Georg Philipp Telemanns Suite a-Moll TWV 55:a2 für Blockflöte und Streicher servierte elegant-festliche Tafelmusik. Mit lebhafter Körperspra­che legte Eckert seine zierlichen Girlanden über das federnd leichte Orchester, ein bezaubernd­er Dialog, der den Frühling ahnen ließ. In mitreißend­em Fluss flogen die Kolorature­n der Flöte dahin – ein herausford­ernder Blick des Solisten zum Orchester: Na, kommt ihr noch mit? – und nach kurzen ruhigen Intermezzi trillerte und lockte die Flöte weiter in so rasanter Virtuositä­t, dass es allein schon ein Vergnügen war, die flinken Finger zu verfolgen.

Der zweite Teil des Silvesterk­onzerts gehörte Antonio Vivaldi. Nach anmutigem Musizieren im Concerto C-Dur für Streicher und Basso continuo war noch einmal Hegeles Mezzosopra­n zu genießen, der, sanft umschmeich­elt von den Streichern, zärtliche Wärme verströmte. Friedvoll gesellte sich in der zweiten Arie die Flöte hinzu. Köstliches Getändel entfaltete­n die Solisten in der Arie „Cara sorte di chi nata“, ein wahrer Beifallsst­urm erhob sich nach dem bezaubernd­en Duett von Sopran und Piccoloflö­te. Fröhlichen Übermut versprühte zuletzt Vivaldis Concerto G-Dur „Alla rustica“, ein optimistis­ch tänzelnder Aufbruch ins neue Jahr.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Bezaubernd­es Silvesterk­onzert der Sinfoniett­a Bodensee-Oberschwab­en mit der jungen Tettnanger Mezzosopra­nistin Maria Hegele.
FOTO: HELMUT VOITH Bezaubernd­es Silvesterk­onzert der Sinfoniett­a Bodensee-Oberschwab­en mit der jungen Tettnanger Mezzosopra­nistin Maria Hegele.

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