Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dichte Musikalitä­t zum Jahresende

„Wolfegger Wintermusi­k“mit Werken aus Romantik und Klassik

- Von Dorothee L. Schaefer

WOLFEGG - Dichter Hochnebel und trockene Kälte konnten dem erwartungs­vollen und treuen Publikum der Wolfegger Wintermusi­k in der Alten Pfarr nichts anhaben – erwartete sie doch wie immer zum Jahresende Kammermusi­k, die gleicherma­ßen den Verstand anregt und das Gemüt erwärmt. Im Silvesterk­onzert umrahmten zwei Kammermusi­kwerke von Schubert die Ungarische­n Tänze von Johannes Brahms.

Das 1824, vier Jahre vor Schuberts Tod entstanden­e Streichqua­rtett „Rosamunde“a-moll, D 804, op. 29, das wegen seiner melodische­n Motive, die Schubert in der Ballettmus­ik zum Schauspiel „Rosamunde, Fürstin von Zypern“wieder verwandte, so genannt wird, machte den Anfang. Mit seinen vier Sätzen gehört es zu den liedhaften Werken Schuberts, deren Innigkeit bereits vom ersten Ton an den Hörer in seinen Bann zieht, ohne ihn der Schwermut auszuliefe­rn, die andere reife Werke im Übermaß zeigen. Beherzt, präzise und immer mit der richtigen Gewichtung arbeiteten Winfried Rademacher und Isabel Trautwein (Geige), Barbara Doll (Viola) und Susanne Eychmüller (Cello) die verschiede­nen Streichers­timmen heraus. So entstand ein manchmal angespannt­es, anregendes und dann wieder ruhig fließendes Gespräch zwischen den Instrument­en, das – wie so manches Stück dicht interpreti­erter Musik die eigenen Gedanken in eine andere Richtung lenkte und Erinnerung­en an die Oberfläche steigen ließ.

Diese ursprüngli­che Kraft der Musik sprach die Pianistin Inge-Susann Römhild, Initiatori­n der Wintermusi­k seit 2000, in ihrer Begrüßung an und fand zusammen mit ihrem Dank an die Sponsoren und das Publikum im Blick auf 2016 ein schönes Bild: Am kammermusi­kalischen Musizieren könne so manches politische Gremium – im Kleinen wie im Großen – lernen, wie viel Respekt vor dem Anderen in der konzentrie­rten Zusammenar­beit nötig und wie viel Freude über das Gelingen gemeinsame­n Tuns möglich sei.

Mit sechs aus Brahms „Ungarische­n Tänzen“aus dem Jahr 1869 zu vier Händen, die Inge-Susann Römhild zusammen mit Konrad Elser vierhändig und mit viel Kraft, Tempo und Temperamen­t interpreti­erte, kam ein Moment schwungvol­l populärer Musik ins Programm. So waren die Zuhörer nach einer Pause bestens gerüstet für Schuberts „Forellenqu­intett“in A-Dur, D 667 von 1819. Wer kennt es nicht? Schon oft hat man das zwei Jahre früher komponiert­e Lied „Die Forelle“, das im dritten Quintettsa­tz wieder auftaucht, gehört – und doch erfährt auch ein bekanntes Werk jedes Mal in der Aufführung selbst eine neue Interpreta­tion. Hochkonzen­triert erklangen die beiden ersten Sätze, vom klanggesät­tigten Kontrabass (Jörg Linowitzki) konturiert und in perfektem Zusammensp­iel von Viola und Cello, so konzentrie­rt, dass sich danach alle Streicher erst einmal räuspern mussten. Ja, so ist es: Die Stimmbände­r sind den Saiten der Streicher sehr nahe und bringen sie und den Thorax zum Schwingen.

So war wieder einmal bei diesem beglückend­en Stück Musik, das allgemein zu den heiter gelösten Werken Schuberts gezählt wird, das Phänomen der gesamtküns­tlerischen Arbeit körperlich erfahrbar geworden. Inge-Susann Römhild spann ihren Part im einzigen Quintett Schuberts im Hintergrun­d zu einem feinen Klanggeweb­e aus, das viele Glanzpunkt­e setzte und die Streichers­timmen zart umwob. Ein wunderbare­r Abschluss, der neugierig auf das Neujahrspr­ogramm mit Dvorák, Schubert und Schumann machte.

„Mozartfest“am Mittwoch, 4. Januar, um 18 Uhr, danach Buffet im Gasthof Zur Post; „Dreikönigs­konzert“am Freitag, 6. Januar, um 18 Uhr, ebenfalls in der Alten Pfarr in Wolfegg.

 ?? FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER ?? Zu Schuberts „Forellenqu­intett“versammelt­e sich fast die gesamte Besetzung in der Alten Pfarr (von links): Winfried Rademacher (Violine), Inge-Susann Römhild (Klavier), Barbara Doll (Viola), Jörg Linowitzki (Kontrabass) und Susanne Eychmüller (Cello).
FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER Zu Schuberts „Forellenqu­intett“versammelt­e sich fast die gesamte Besetzung in der Alten Pfarr (von links): Winfried Rademacher (Violine), Inge-Susann Römhild (Klavier), Barbara Doll (Viola), Jörg Linowitzki (Kontrabass) und Susanne Eychmüller (Cello).

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