Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Zinsen für Baugeld steigen
Banken verlangen für Immobilienkredite deutliche Aufschläge – Ein Grund zur Panik besteht aber nicht
RAVENSBURG - Die Zeit der extrem niedrigen Zinsen für Immobilienkredite ist vorbei. Bis Ende Dezember 2016 haben sich die Konditionen für Darlehen mit einer zehnjährigen Zinsbindung um durchschnittlich 0,3 Prozentpunkte verteuert. Drei Monate vorher zahlten besonders kreditwürdige Kunden bei vielen Banken noch weniger als ein Prozent. Selbst der Durchschnitt lag nur knapp über der Ein-Prozent-Marke. Wie sehr selbst kleine Zinsschritte ein Immobiliendarlehen verteuern, zeigt eine Beispielrechnung. Wer einen Kredit über 250 000 Euro über zehn Jahre mit 1,0 Prozent abschließt (zwei Prozent Tilgung), zahlt monatlich 208 Euro an Zinsen. Bei einem Zinssatz von 1,25 Prozent sind es rund 260 Euro. Über die Laufzeit bedeutet das rund 5500 Euro Mehrkosten.
Grund zur Eile oder gar für überstürzte Kaufentscheidungen gebe es dennoch nicht, betont Pia Bölingen von der Finum Private Finance AG in Biberach. Denn die Zinssteigerungen waren vor allem auf die Wahl von Donald Trump zum nächsten USPräsidenten zurückzuführen. „Die Wahl hat die Finanzmärkte in Aufregung versetzt“, weiß Bölingen.
Noch nicht mal im Amt kündigte Trump bereits ein riesiges Investitionsprogramm im Umfang von mehreren Billionen US-Dollar und Steuersenkungen an. Ein solches Programm würde zwar das Wachstum ankurbeln, aber auch die Staatsverschuldung und die Inflation in den USA in die Höhe treiben. Die US-Notenbank wäre gezwungen, die Zinsen weiter anzuheben. Eine solche Zinserhöhung könnte langfristig auch Auswirkungen auf Europa haben, so die Befürchtung.
Keine Zinswende im Euroraum Bölingen sieht diese Gefahr nicht. „Im Euroraum ist eine Veränderung der Zinsen eher unwahrscheinlich. Schließlich hat Draghi erst alles darangesetzt, die Zinsen tief zu halten und Kapital in den Kreislauf zu pumpen“, erklärt die Finanzexpertin. Die Inflation im Euroraum ist nach wie vor extrem niedrig. Die Konjunktur läuft zwar langsam besser und zieht den Arbeitsmarkt in den europäischen Problemländern nach oben. „Das alles reicht aber noch nicht aus, um eine Zinswende auszurufen“, so Bölingen.
Mittlerweile hat sich die Aufregung gelegt. Seit Ende November haben die Renditen der deutschen Staatsanleihen leicht nachgegeben und die Bauzinsen verharren stabil bei durchschnittlich 1,3 Prozent. Allerdings ist die Spanne zwischen den einzelnen Banken immer noch extrem groß. „Wer ein hohes Einkommen nachweisen kann, bekommt immer noch sehr gute Konditionen von teilweise unter einem Prozent“, weiß Rainer Laborenz von der Azemos Vermögensmanagement in Offenburg.
Zumal die Zinsen zum Jahresanfang auch wieder fallen können. „Erfahrungsgemäß steigen die Darlehenszinsen zum Jahresende wegen der höheren Nachfrage nach Finanzierungen“, weiß Laborenz aus Erfahrung. Es gebe zwar keine Garantie, dass die Zinsen Ende Januar wieder fallen würden. „In den vergangenen Jahren war das aber häufig der Fall“, so Laborenz.
Wer eine konkrete Immobilie im Blick habe, sollte also zugreifen und sich die immer noch historisch niedrigen Zinsen sichern. Wer noch immer auf der Suche nach dem passenden Objekt ist, braucht dagegen nicht in Panik zu verfallen. Es spreche vieles dafür, dass die Bauzinsen auch im kommenden Jahr niedrig bleiben werden. Laborenz rechnet mit einer Seitwärtsbewegung oder allenfalls ganz leichten Erhöhungen, die aber über die Laufzeit und bei den momentanen Preisen für Immobilien kaum ins Gewicht fallen dürften.