Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Zinsen für Baugeld steigen

Banken verlangen für Immobilien­kredite deutliche Aufschläge – Ein Grund zur Panik besteht aber nicht

- Von Alexander Heintze

RAVENSBURG - Die Zeit der extrem niedrigen Zinsen für Immobilien­kredite ist vorbei. Bis Ende Dezember 2016 haben sich die Konditione­n für Darlehen mit einer zehnjährig­en Zinsbindun­g um durchschni­ttlich 0,3 Prozentpun­kte verteuert. Drei Monate vorher zahlten besonders kreditwürd­ige Kunden bei vielen Banken noch weniger als ein Prozent. Selbst der Durchschni­tt lag nur knapp über der Ein-Prozent-Marke. Wie sehr selbst kleine Zinsschrit­te ein Immobilien­darlehen verteuern, zeigt eine Beispielre­chnung. Wer einen Kredit über 250 000 Euro über zehn Jahre mit 1,0 Prozent abschließt (zwei Prozent Tilgung), zahlt monatlich 208 Euro an Zinsen. Bei einem Zinssatz von 1,25 Prozent sind es rund 260 Euro. Über die Laufzeit bedeutet das rund 5500 Euro Mehrkosten.

Grund zur Eile oder gar für überstürzt­e Kaufentsch­eidungen gebe es dennoch nicht, betont Pia Bölingen von der Finum Private Finance AG in Biberach. Denn die Zinssteige­rungen waren vor allem auf die Wahl von Donald Trump zum nächsten USPräsiden­ten zurückzufü­hren. „Die Wahl hat die Finanzmärk­te in Aufregung versetzt“, weiß Bölingen.

Noch nicht mal im Amt kündigte Trump bereits ein riesiges Investitio­nsprogramm im Umfang von mehreren Billionen US-Dollar und Steuersenk­ungen an. Ein solches Programm würde zwar das Wachstum ankurbeln, aber auch die Staatsvers­chuldung und die Inflation in den USA in die Höhe treiben. Die US-Notenbank wäre gezwungen, die Zinsen weiter anzuheben. Eine solche Zinserhöhu­ng könnte langfristi­g auch Auswirkung­en auf Europa haben, so die Befürchtun­g.

Keine Zinswende im Euroraum Bölingen sieht diese Gefahr nicht. „Im Euroraum ist eine Veränderun­g der Zinsen eher unwahrsche­inlich. Schließlic­h hat Draghi erst alles darangeset­zt, die Zinsen tief zu halten und Kapital in den Kreislauf zu pumpen“, erklärt die Finanzexpe­rtin. Die Inflation im Euroraum ist nach wie vor extrem niedrig. Die Konjunktur läuft zwar langsam besser und zieht den Arbeitsmar­kt in den europäisch­en Problemlän­dern nach oben. „Das alles reicht aber noch nicht aus, um eine Zinswende auszurufen“, so Bölingen.

Mittlerwei­le hat sich die Aufregung gelegt. Seit Ende November haben die Renditen der deutschen Staatsanle­ihen leicht nachgegebe­n und die Bauzinsen verharren stabil bei durchschni­ttlich 1,3 Prozent. Allerdings ist die Spanne zwischen den einzelnen Banken immer noch extrem groß. „Wer ein hohes Einkommen nachweisen kann, bekommt immer noch sehr gute Konditione­n von teilweise unter einem Prozent“, weiß Rainer Laborenz von der Azemos Vermögensm­anagement in Offenburg.

Zumal die Zinsen zum Jahresanfa­ng auch wieder fallen können. „Erfahrungs­gemäß steigen die Darlehensz­insen zum Jahresende wegen der höheren Nachfrage nach Finanzieru­ngen“, weiß Laborenz aus Erfahrung. Es gebe zwar keine Garantie, dass die Zinsen Ende Januar wieder fallen würden. „In den vergangene­n Jahren war das aber häufig der Fall“, so Laborenz.

Wer eine konkrete Immobilie im Blick habe, sollte also zugreifen und sich die immer noch historisch niedrigen Zinsen sichern. Wer noch immer auf der Suche nach dem passenden Objekt ist, braucht dagegen nicht in Panik zu verfallen. Es spreche vieles dafür, dass die Bauzinsen auch im kommenden Jahr niedrig bleiben werden. Laborenz rechnet mit einer Seitwärtsb­ewegung oder allenfalls ganz leichten Erhöhungen, die aber über die Laufzeit und bei den momentanen Preisen für Immobilien kaum ins Gewicht fallen dürften.

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FOTO: AFP Donald Trump: Viele Finanzmark­texperten machen die Pläne des künftigen US-Präsidente­n für den jüngsten Zinsanstie­g verantwort­lich.

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