Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Wunder von Manhattan
Es gibt sie tatsächlich noch, die gute Nachricht. In New York herrscht zum Jahresanfang ungläubige Freude: Es wurden drei neue U-Bahnhöfe der Second Avenue Line eröffnet. Was banal klingt, ist de facto eine Jahrhundertmeldung. Schließlich datieren die ersten Pläne für die zweite U-Bahn-Linie in Manhattan aus dem Jahr 1929. Sprachen die New Yorker von der Second Avenue Subway, sprachen sie von der „Linie, die die Zeit vergessen hat“.
Auch wenn in vergangenen Dekaden unter enormer Lärm- und Staubbelästigung 352 000 Kubikmeter Erde und 450 000 Kubikmeter Felsen aus dem Untergrund ans Licht befördert wurden, löste die Inbetriebnahme der Erweiterung nun dennoch Verwunderung aus. Dies dokumentieren von der Agentur AFP gesammelte Aussagen. So sagte der pensionierte Steueranwalt Ken Klein: „Von der Eröffnung der neuen Stationen haben wir gesprochen wie von der Ankunft des Messias – ohne zu wissen, was zuerst kommt.“Auch Hautarzt Jay Lerman fuhr von der 63d über die 96th Street bis zur noblen Upper East Side. Danach meinte er: „Es ist schön, es ist sauber, es ist hell – und bisher hat noch niemand Ratten auf den Gleisen gesehen.“
Das dürfte sich ändern, ehe die Linie ihre geplante Endstation in Harlem erreicht hat. Mit den freigegebenen Stationen ist nämlich lediglich Phase eins des Projekts abgeschlossen, drei weitere stehen aus. Wenn im selben Tempo weitergebuddelt wird, können sich die Ururururururenkel von Klein und Lerman auf eine Einweihung im Jahr 2278 freuen. Auf jeden Fall sollte es klappen, bevor der Flughafen Berlin fertig ist. (jos)