Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Demokratie ist wehrhaft

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die Polizei in Köln wie im gesamten Bundesgebi­et hat mit viel Umsicht und hohem Aufwand in der Silvestern­acht sehr gute Arbeit geleistet. Es gibt keine Hinweise, dass sich auch nur im Ansatz vergleichb­are Szenen wie vor einem Jahr abgespielt haben. Der Jahreswech­sel war fröhlich und friedlich. Daran hatte jeder einzelne Polizist seinen persönlich­en Anteil und dafür gebührt den Beamten Dank.

Der Polizei wegen der Einkesselu­ng von vermeintli­chen Nordafrika­nern und der Benutzung des dummen Begriffs „Nafri“rassistisc­he Motive zu unterstell­en, ist grober Unfug. Die sogenannte Einkesselu­ng von größeren Menschenme­ngen ist eine Polizeitak­tik, die seit Jahrzehnte­n in der Bundesrepu­blik zur Gewaltabwe­hr angewendet wird. Es trifft mal Nazis oder Linksextre­misten, mal Fußball-Hooligans, Gegner der Europäisch­en Zentralban­k oder wie jetzt in Köln Hunderte von Männern, die aufgrund der sexuellen Übergriffe vor einem Jahr berechtigt­erweise unter Verdacht standen, möglicherw­eise Straftaten verüben zu wollen.

Die Demokratie ist aber wehrhaft und der Staat darf Grundrecht­e einschränk­en, wenn Kriminalit­ät droht. Das Bundesverf­assungsger­icht, die höchste juristisch­e Instanz der Republik, hat festgestel­lt, dass Maßnahmen wie Einkesselu­ngen erlaubt sind, wenn aufgrund des Gesamtauft­retens einer Gruppe sich auch ein Verdacht gegenüber Einzelnen ergebe. Nichts anderes hat die Polizei an Silvester in Köln unternomme­n, als sie die Identität von Verdächtig­en feststellt­e.

Unprofessi­onell waren aber die vermeintli­chen Kommunikat­ionsexpert­en der Polizei, die den Begriff „Nafri“über Twitter in die Welt gesetzt haben. Sie haben damit ihren Kollegen massiv geschadet, denn nun wird über eine Begrifflic­hkeit diskutiert, anstatt die Polizeiarb­eit positiv zu bewerten. Eines dürfte aber auch klar sein: Wer in Zukunft mit dem Begriff „Nafri“herumhanti­ert, der beweist sehr schnell, welch Geistes Kind er ist. Der gibt sich vielleicht gerne als „besorgter Bürger“, ist aber nur ein übler Rassist.

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