Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ermittlungen nach Brand am Jochberg
Winterliche Trockenheit führt im Alpenraum vermehrt zu Feuergefahr in der Natur
KOCHEL AM SEE (dpa) - Zwei Männer (32/36) lösen in der Silvesternacht einen Waldbrand am Jochberg in Oberbayern aus, nun wird gegen sie wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt. Man gehe davon aus, „dass die Männer ein Lagerfeuer entzündet haben, welches außer Kontrolle geraten ist“, so ein Polizeisprecher. Dies ist außer auf ausgewiesenen Grillplätzen verboten. Die Flammen fraßen sich über 100 Hektar Forst hinweg. Noch am Montag wurde gegen Glutnester gekämpft.
WANGEN - Größter, jemals verzeichneter Feuerwehreinsatz in einem oberbayerischen Landkreis – und dies wegen eines Waldbrandes zum Jahreswechsel: Diese Meldung vom Jochberg bei Kochel am See lässt staunen: ein Waldbrand im Winter? Eigentlich ist die Zeit brennender Bäume doch eher dann gekommen, wenn Hitzerekorde drohen, mag der Bürger denken. Er liegt damit aber nur teilweise richtig. Dies hat mit Änderungen des Klimas zu tun.
Prinzipiell kann man sich selber eine Antwort auf winterliche Waldbrände geben: Es kann brennen, wenn es trocken ist. „Und seit Monaten ist es im Alpenraum sehr trocken“, lautet eine Information des Deutschen Wetterdienstes. Clemens Steiner, einer seiner Vertreter in Stuttgart, meint in einer örtlichen Zeitung: „Die Wetterlage kommt uns kalt vor, aber sie ist alles andere als winterlich.“
Womöglich haben sich so die zwei Männer täuschen lassen, die in der Silvesternacht am Jochberg zündelten. Eine gefühlte feuchtkalte Witterung, da kann sich der Gedanke aufdrängen, ein Lagerfeuer sei kein Problem. Übersehen wird dann der in der Natur bereitliegende Zunder: trockenes Laub, trockene Tannennadeln, trockenes Gras, Reisig.
Seit drei Tagen versucht nun die Feuerwehr, den Brand zu löschen. Über 100 Hektar unweit der bei Motorradfahrern beliebten kurvigen Kesselbergstraße sind betroffen. Am Montagnachmittag lag die Hoffnung der Feuerwehr auf dem Beginn des angekündigten Schneefalls. Er könne weitere Glutnester ersticken, hieß es. Ob dies der Fall ist, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen.
Ganz neu ist der Waldbrandalarm für bayerische Feuerwehren im Alpenbereich nicht. Vor einem Jahr brannte es auf der Kramerspitze bei Garmisch-Partenkirchen. 2013 hatten Feuerwerksraketen einen Bergwald im Berchtesgadener Land angezündet. Heuer war deshalb dort in einigen Gebirgsregionen angesichts der bisherigen Trockenheit ein Feuerwerksverbot ausgesprochen worden.
Schweiz reagiert schneller Insgesamt gesehen tun sich deutsche Stellen aber noch schwer damit, einen besonderen Fokus auf winterliche Waldbrände zu legen. So betreut der Wetterdienst seine entsprechende Gefahrenkarte nur von März bis Oktober. Anders in der Schweiz. Das eidgenössische Bundesamt für Umwelt arbeitet intensiv daran, die Vorhersage für Trockenphasen zu verbessern. Damit soll die Gefahrenabwehr zuverlässiger funktionieren, verlautbarte deren Sprecherin Barbora Neversil.
Dass die Schweiz schneller reagiert, hat mit der geografischen Lage des Landes zu tun. Ein Teil liegt auf der Alpensüdseite. Dort ist die Trockenheit oft noch dramatischer als im Norden. Laut Wetterbericht hat es in einigen Landstrichen seit Monaten noch nicht einmal vom Himmel getropft. Fönlagen haben die Wälder zusätzlich ausgetrocknet. Dieser Tage brannte es im Tessin und in Graubünden. Feuerwerke im Freien waren verboten.
Meteorologen stellen die herbstlich-winterliche Trockenheitsentwicklung im Alpenraum seit 15 Jahren fest. Nach ihren Erkenntnissen liegt der Grund in einem global veränderten Austausch kalter sowie warmer Luftmassen. Die Entwicklung in diese Richtung werde weitergehen, glauben die Fachleute. Im bayerischen Forstministerium bereitet man sich deshalb inzwischen auf mehr winterliche Brandmeldungen vor.
Eine Bildergalerie, wie das Feuer am Jochberg entstandt sehen Sie unter schwaebische.de/jochberg