Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Es sind die richtigen Lehren gezogen worden“
Thomas Oppermann (SPD) lobt die Polizei in Köln für ihre „gute Arbeit“in der Silvesternacht
BERLIN - Der Vorsitzende der SPDBundestagsfraktion, Thomas Oppermann (Foto: dpa), nimmt im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner die Polizei nach dem Einsatz in der Silvesternacht in Köln in Schutz.
Können Sie die Kritik am Polizeieinsatz in der Kölner Silvesternacht nachvollziehen? Manchen Leuten – auch bei den Grünen – kann man es nie recht machen. Die Polizei hat in Köln gute Arbeit gemacht, professionell für Sicherheit gesorgt und einen friedlichen Jahreswechsel ermöglicht. Das steht für mich im Vordergrund. Es sind offensichtlich die richtigen Lehren aus Silvester 2015 gezogen worden.
Die Kölner Polizei spricht von „Nafris“, kurz für Nordafrikaner. Eine herabwürdigende Bezeichnung, wie Kritiker meinen. Halten Sie den Begriff für problematisch? Ich bin froh, dass die Kölner Polizei sich inzwischen von dem Begriff distanziert hat. Wir brauchen Sicherheitskonzepte, die effektiv sind, aber niemanden aufgrund seiner Herkunft, Hautoder Haarfarbe diskriminieren.
Beamte mit Maschinenpistolen an Bahnhöfen und Flughäfen – müssen wir uns daran gewöhnen? Ja, denn die Bürger haben einen Anspruch auf Schutz vor Terror und Gewalt. Dazu gehört momentan auch eine erhöhte Polizeipräsenz an öffentlichen Plätzen und bei Großveranstaltungen. Dabei dürfen wir nicht über das Ziel hinausschießen. Benjamin Franklin (einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, Anm. d. Red.) hat einmal gesagt: Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verliert am Ende beides. Das ist auch heute noch richtig. Gleichzeitig gilt: Wer gegen unsere Regeln und Gesetze verstößt, darf keine Toleranz erwarten.
Die CSU will unter dem Eindruck des Anschlags in Berlin Maßnahmenkataloge für schärfere Gesetze in der Flüchtlingspolitik und für mehr Innere Sicherheit beschließen. Mit Unterstützung der SPD? Es ist erschreckend, mit welcher Radikalität die CSU die gesamte Sicherheitspolitik in Deutschland auf den Kopf stellen will. Ich wünsche mir weniger kernige Sprüche und mehr kluge Gedanken. Verbale Kraftmeiereien bringen nicht mehr Sicherheit. Deshalb sollte sich die CSU stärker an Innenminister Thomas de Maizière orientieren.
Wäre der Anschlag zu verhindern gewesen, wenn die Sicherheitsbehörden anders agiert hätten? Deutschland steht schon seit einigen Jahren im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Bisher haben die Sicherheitsbehörden mit Wachsamkeit und einer guten Portion Glück größere Anschläge verhindert. Im Fall Amri ist dagegen einiges schief gelaufen. Das darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Aber ich bin gegen voreilige Schuldzuweisungen und für eine gründliche Untersuchung.