Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Obamas Guantánamo-Versprechen bleibt unerfüllt
Menschenrechtler glauben nicht mehr daran, dass Barack Obama das Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba noch schließt. Der scheidende US-Präsident kann sein Versprechen nicht halten. Am 20. Januar enden seine acht Amtsjahre. Republikanische Politiker im Kongress haben sich quergestellt. Allerdings hat Obama die Zahl der Gefangenen in dem umstrittenen Camp stark reduziert.
59 Männer sind gegenwärtig eingesperrt in Guantánamo, bewacht von der US-Marine, umgeben von Mauern und Zäunen. Medienberichten zufolge sollen 17 oder 18 an Drittländer überstellt werden. Es ist wohl Obamas letzter Anlauf. Laut der Tageszeitung „New York Times“sind Italien, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zur Aufnahme bereit. Dem Republikaner Donald Trump bleiben vermutlich 41 oder 42 Häftlinge. Bei Obamas Amtsantritt waren es 242 gewesen.
Im Januar 2009, als Obama den Republikaner George W. Bush ablöste, war Obamas Ansage von hoher Symbolkraft für einen politischen Wandel: Der neue Mann im Weißen Haus ordnete an, Guantánamo zügig zu schließen. Er wolle rechtsstaatliche Werte wiederherstellen. Bush hatte das Lager für Terrorverdächtige und vermeintliche Kriegsverbrecher im Januar 2002 einrichten lassen, drei Monate nach Beginn des Krieges in Afghanistan.
Etwa 780 Männer aus mehr als 40 Ländern sind im Lager inhaftiert worden. Entlassene berichteten von schweren Misshandlungen. Das Zentrum für Verfassungsrechte schrieb in einem Bericht 2006 von Schlafentzug, Aufhängen, Schlägen und „Stresspositionen“.
Anfangs galt Obamas Schließungsabsicht als nicht besonders spektakulär. Der im Wahlkampf 2008 unterlegene Republikaner John McCain hatte sich ebenfalls dafür ausgesprochen. Doch kaum war Obama im Oval Office, ging die Oppositionspartei auf totalen Konfrontationskurs. 2015 verbot der Kongress per Gesetz den Transfer von Guantánamo-Häftlingen in die USA. Das vereitelte Obamas Vorhaben, Gefangene in Gefängnissen unterzubringen.
Trump will keine Schließung Nun erklärte Trump im Wahlkampf, er wolle Guantánamo nicht schließen, sondern vielmehr „mit schlechten Kerlen füllen“. 27 der 59 Gefangenen im Lager seien von der US-Regierung als unbegrenzte Häftlinge eingestuft worden, berichtete die „New York Times“– zu gefährlich, um jemals freigelassen zu werden. Strafprozesse seien jedoch in vielen Fällen nicht möglich, sagte die Direktorin des Zentrums für Nationale Sicherheit an der Fordham Law School in New York, Karen Greenberg, denn die Beschuldigten oder Zeugen seien gefoltert worden und ihre Aussagen nicht verwendbar. Es verstoße gegen jegliche Rechtsgrundsätze, jemanden auf unbestimmte Zeit einzusperren.
Auf Guantánamo tagen seit Jahren Militärkommissionen, militärische Gerichte, die einigen wenigen Beschuldigten den Prozess machen sollen, darunter dem mutmaßlichen Hauptplaner der Terroranschläge auf das World Trade Center 2001, Khalid Scheich Mohammed. Ein Ende dieser Verfahren ist nicht in Sicht. (epd)