Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Silberne Hochzeit“mit Ravensburg
Die Schauspielerin Jutta Klawuhn ist vor 25 Jahren in die Türmestadt gekommen
RAVENSBURG - Quirlig, zierlich, temperamentvoll und lustig – so kennt das Publikum Jutta Klawuhn. 1992 kam die Schauspielerin an das damals noch sehr junge Theater Ravensburg. Und sie blieb.
Aufgewachsen ist sie im fränkischen Erlangen. Ihre Liebe zum Theater entdeckte sie eher zufällig: Ihr lustiger warmherziger Lateinlehrer sah, wie schwer sich seine Schüler mit der staubig-sperrigen Sprache taten, und schrieb für sie ein Science-Fiction-Theaterstück, angelehnt an die Komödie „Ein Sommernachtstraum“von William Shakespeare. Das motivierte seine Schüler so sehr, dass plötzlich alle Latein toll fanden. Doch nicht nur das. „Meine ganze Klasse bekam Lust aufs Theaterspielen und machte weiter“, erinnert sich Jutta Klawuhn. Auch sie selbst. Nach dem Abitur studierte sie die Schauspielerei, und zwar in Ulm. Für Ulm entschied sie sich, weil die Schauspielschule als zusätzliche Besonderheit die Theaterpädagogik angeboten hatte, die zu dieser Zeit in den Kinderschuhen steckte und für die sich die Schauspielelevin schon damals interessierte.
In Ulm lernte sie Uli Böttcher kennen. Und lieben. Böttcher erzählte, dass es in Ravensburg ein neues Theater gebe, gegründet von Albert Bauer, das noch kein festes Ensemble habe. Also auf nach Ravensburg. „Mit der Liebe zwischen Uli und mir war es zwar schnell wieder vorbei, aber niemals mit der Freundschaft. Das waren goldene Zeiten“, erinnert sie sich, schaut verträumt und schwärmt. „Das Theater Ravensburg war urgemütlich. Wir spielten in Wohnzimmeratmosphäre. Wir hatten unendliche Entwicklungsmöglichkeiten. Dachten, alles ist möglich.“Sie suchten sich die Regisseure selbst aus, holten Freunde von der Schauspielschule dazu. Albert Bauer wurde vom Schauspieler zum Organisator des Theaters. Sie spielten volksnahe und humorvolle Stücke. Sagten: „Das Leben ist schließlich ernst genug.“Und sie entsprachen dem Publikumsgeschmack. Was wichtig war; denn Kunst und Wirtschaftlichkeit trafen aufeinander, ob sie wollten oder nicht. „Bei schmaler Bezuschussung leben wir schon immer vom Publikum und das kommt lieber bei den heiteren Stücken. Lachen geht immer und verbindet“, erklärt Klawuhn. Sie wagten auch Experimente, wie die „Vagina-Monologe“– diskutierten heiß „akzeptiert unser Publikum sowas?“Sie trauten sich und das Publikum kam – Frauen, Ehepaare und auch Männer. Waren neugierig und fanden Gefallen. „Das war ein gutes Erlebnis und zeigte uns: du kannst getrost in der beschaulichen Provinz leben und dennoch urbanes Theater spielen“, erzählt sie begeistert.
Weil sie im Theater Ravensburg oft mit Laienschauspielern arbeiteten, rückte ihre Faszination für die Theaterpädagogik wieder ins Rampenlicht. „Es machte Spaß, mit ihnen Stimme, Mimik, Gestik zu erarbeiten. Es gibt begnadete Amateurschauspieler.“Also absolvierte sie Fortbildungen und Zusatzqualifikationen, und wurde im Jahr 2000 vom Jutta Klawuhn spielt gerne heitere Stücke Bundesverband der Theaterpädagogen als Theaterpädagogin anerkannt. Seitdem unterrichtet sie als Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Weingarten, leitet die Jugendtheaterwerkstatt am Theater Ravensburg, baut das Theaterpädagogische Zentrum Ravensburg, TPZ, mit auf. Viele kennen sie auch, weil sie das Welfentheater in Weingarten mit den Schülern mit einstudiert. „Schauspielerin und Theaterpädagogin – ich bin glücklich, dass ich beides machen kann. Ich lerne viel von den Kindern und Jugendlichen.“
Das Publikum brauche sie ebenso wie das Lampenfieber. Privat sei sie eine Ratschkattel, die gern mit Freundinnen beim Kaffeetrinken plaudert. Sie wohnt mit Mann und Sohn am Waldrand im Grünen, umgeben von Freunden. Entspannung und Ruhe finde sie dort. Wertvoll sei ihr die Zeit mit der Familie. Soll sie sich selbst beschreiben, stutzt sie. Überlegt lange. „Ja, wie bin ich denn? Nett und lieb. Mit einem Hang zur Unpünktlichkeit. Treu – ja das muss ich wohl sein. Ich bin schon lange verheiratet und schon lange am selben Theater – und ich merke, dass ich alles, was ich beständig vertiefe und kennenlerne, mit jedem Jahr mehr liebe. Wenn das so weiter geht, wird ja alles immer noch besser.“Optimistisch sei sie. Harmoniebedürftig. Zunehmend tolerant. „Ich bin bereit Kompromisse einzugehen – das hat sich entwickelt – in den ersten Theaterjahren flogen oft die Fetzen. Heute sind wir eine Handvoll feste Leute am Theater in Ravensburg und alle sehr harmonisch. Ich bin ein rundum zufriedener Mensch“sagt sie und strahlt das auch aus.
Erzählen ist ihre Leidenschaft 25 Jahre – das sei die silberne Hochzeit zwischen ihr und dem Theater Ravensburg gewesen. „Wir haben laut und temperamentvoll gefeiert. Zur goldenen Hochzeit komme ich vielleicht mit einem Stock und sage ein Sprüchlein auf.“Aber es sei ihr nicht bange. Weil das Thema „Alter“sich in Deutschland mehr und mehr breit mache gebe es auch immer mehr gute Rollen für Schauspieler jenseits der 50. Apropos jenseits der 50: 2017 feiert Jutta Klawuhn die goldene Hochzeit mit sich selber, noch weit vom Stock entfernt. Dennoch beruhigt sie ihre weitere große Leidenschaft: das Erzählen. „Beim Erzählen kann man sich viel bewegen. Aber man muss nicht. Ist also auch für Oma und Opa bestens geeignet.“In ihrem neuesten Erzählprogramm „Eigentlich die Edda“trifft Jutta Klawuhn auf den Schlagzeuger William Widman. Premiere ist am 26. Januar. Und die „Edda“ist, wie man Jutta Klawuhn kennt: Temperamentvoll. Energiegeladen. Frech. Funken sprühen, Herzen klopfen.
„Lachen geht immer und verbindet.“