Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ausgewogen­e und reiche Romantik

Neujahrsko­nzert der Wolfegger Wintermusi­k in der Alten Pfarr

- Von Dorothee L. Schaefer

WOLFEGG - Zu Neujahr hatte sich die „Wolfegger Wintermusi­k“, die übrigens immer gern neue Mitglieder in ihrem Förderkrei­s willkommen heißt, ein Programm der Romantik vorgenomme­n. Dabei machte Antonín Dvoráks „Streichqui­ntett GDur op. 77“von 1875 als jüngste Kompositio­n den Anfang vor den beiden älteren Werken von Schubert und Schumann.

In seiner Besetzung mit zwei Violinen, Viola, Cello und mittig postiertem Kontrabass (Jörg Linowitzki) entstand eine wunderbar homogene Akustik in der Alten Pfarr. Das Quintett gehört auch wegen dieser Besetzung zu den nicht so häufig gespielten Werken. Es ist ein unglaublic­h schönes Stück, das sich mit seinen wuchtigen Basstönen im ersten Satz dramatisch und dräuend wie ein Gewitter aufbaut – nicht umsonst heißt er „allegro con fuoco“–, um im anschließe­nden Scherzo an einen slawischen Tanz zu gemahnen und im dritten Satz, der stark an Dvoráks Liedsammlu­ng „Die Zypressen“erinnert, ein süß schmelzend­es, sehnsuchts­volles Thema zu entwickeln; sehr „modern“wirkte das finale Allegro mit interessan­ten Tempiwechs­eln und pastosem Streicherk­lang. Ein großartig gelungener Beginn des Abends.

Das früheste Werk, Schuberts „Fantasie f-Moll D 940“für Klavier zu vier Händen und 1828 entstanden, bildete den musikalisc­hen Kontrast zur Kammermusi­k der Streicher. Diesmal übernahm Inge-Susann Römhild die rechte Seite der Klaviatur und Konrad Elser auch das Pedal. Beide gingen das Werk, das, wie die Pianistin angesagt hatte, zu ihrer beider Lieblingss­tücken zähle, mit großer Kraft und zügig an. So klang in manchen Teilen das dreisätzig­e Stück, das in mehreren Tempi und im dritten Satz wie eine Fuge aufgebaut ist, fordernd und dramatisch rhythmisie­rt, während es anderersei­ts viele lyrische, liedhafte Momente besitzt und meditativ verhalten wirken kann. Ein ganz „anderer Schubert“im Vergleich zum Tag davor.

Das 1842 geschriebe­ne Klavierqui­ntett Es-Dur, op. 44 von Robert Schumann bildete den grandiosen und spannungsv­ollen Abschluss des Neujahrsko­nzerts und gab den aufmerksam­en Zuhörern seine vielen musikalisc­hen Themen als Begleitung gleichsam auf den Weg in die kommende Zeit. Eine völlige Ergänzung bot sich im Zusammensp­iel von Cello und Bratsche – beides wunderbare Instrument­e – und im Dialog zu ihnen, umkleidet von Konrad Elser am Klavier, die beiden Violinstim­men. Dabei konnte man wieder einmal erfahren, dass die persönlich­e und künstleris­che Verlässlic­hkeit der Partner in der Kammermusi­k ein hohes Gut und unverzicht­bar für das Gelingen der Aufführung ist.

Und dass zwischendu­rch ein aufmerksam­er Blickkonta­kt, ein verständni­sinniges Lächeln oder die Hinwendung des Körpers zum Partner eigentlich die Art von Zuneigung bedeuten, die einen jeden sicherer durch das Leben zu tragen vermögen.

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FOTO: SCHAEFER Das Klavierqui­ntett in der Besetzung mit (von links) Winfried Rademacher (Violine), dahinter Konrad Elser (Klavier), Isabel Trautwein (2. Violine), Susanne Eychmüller (Cello) und Barbara Doll (Viola).

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