Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Über Doha nach Cardiff
Zum siebten Mal reist Bayern München zum Trainingslager nach Katar – Co-Trainer Clement vor dem Absprung
MÜNCHEN (fil/dpa/SID) - Es war der einzige Moment bei seiner ReInthronisierung als Präsident des FC Bayern München, als Uli Hoeneß ein wenig ins Schwitzen kam. Ein Mitglied hatte während der Mitgliederversammlung im November unter anderem die Verbindungen des Clubs zum Emirat Katar kritisch hinterfragt. Hoeneß versprach eine Antwort zu einem späteren Zeitpunkt.
Die bereits siebte Reise der Münchner zum Trainingslager an den Persischen Golf war da natürlich längst gebucht. Am heutigen Dienstag geht es um 11 Uhr mit dem Sonderflug LH 2570 nach Doha, dessen Flughafen einer der großen Sponsoren des Rekordmeisters ist. In unmittelbarer Nachbarschaft der Aspire Academy, auf der die Münchner wie jedes Jahr trainieren werden, wird derzeit das „Khalifa International Stadium“hochgezogen, eine der Spielstätten für die WM 2022. Menschenrechtsorganisationen klagen, dass sich die Bedingungen für dort beschäftigte Arbeiter kaum verbessert haben.
Kritische Worte dazu sollte man von den Verantwortlichen der Bayern in den nächsten Tagen, ein paar Tage vor dem Abflug am 11. Januar will auch Hoeneß nach Doha reisen, nicht erwarten. Eher schon lobende über die Bedingungen in der Aspire und zudem: ganz viel Training. „Wir werden uns im Trainingslager bestmöglich auf das Saisonfinale vorbereiten“, sagte Trainer Carlo Ancelotti. Wenn es nach ihm geht, soll das Saisonfinale möglichst erst am 3. Juni in Cardiff stattfinden – beim Finale der Champions League, seinem Lieblingswettbewerb. „Wir müssen uns verbessern“, sagte er kurz vor dem Jahreswechsel der „tz“, und „wir werden uns verbessern“. Allerdings: „Wären wir bereits in der Hinrunde auf Hochtouren gelaufen, hätten wir das im Frühjahr bereut.“
Heißt: Ancelotti hat eine etwas holprige erste Saisonhälfte bewusst in Kauf genommen, frei nach dem Motto: der Weihnachtsmann ist kein Osterhase; die Pokale werden schließlich erst im Frühling gewonnen. Verzichten werden müssen Ancelotti und seine Spieler bei der Jagd nach Trophäen wahrscheinlich auf Paul Clement. Ancelottis langjähriger Co-Trainer und Freund zieht es zurück in die englische Heimat. Wie der Club bestätigte, hat der 44-Jährige darum gebeten, Gespräche mit Premier-League-Club Swansea City führen zu dürfen. Die Waliser liegen mit lediglich zwölf Punkten aus 19 Spielen auf dem letzten Tabellenplatz und haben sich gerade erst vom Amerikaner Bob Bradley getrennt. Clement wäre bereits der dritte Trainer der „Schwäne“in dieser Spielzeit; begonnen hatte Swansea die Saison mit dem Italiener Francesco Guidolin auf der Trainerbank. Clement, der bereits beim FC Chelsea, Paris St. Germain und Real Madrid mit Ancelotti arbeitete, gilt als wichtigster Mitarbeiter des Italieners, dessen weitere Co-Arbeiter sein Sohn Davide und Bayerns Kulttrainer Hermann Gerland sind. Die Chance, in der Premier League zu trainieren, möchte Ancelotti seinem Freund aber offensichtlich nicht verwehren – Ancelotti entsprach, ebenso wie der Clubvorstand, Clements Wunsch; die Reise nach Doha wird er schon nicht mehr antreten.
Einige Profis werden direkt aus ihrem Urlaubsdomizil nach Doha düsen. Der Trainingsplan sieht zwei tägliche Einheiten vor. Ein Testspiel gegen den belgischen Erstligisten KAS Eupen, der der Aspire-Gesellschaft gehört, ist für den 10. Januar geplant.