Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Kochlust der Deutschen nimmt ab
Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) wirbt für Schulfach „Ernährungsbildung“
BERLIN - Fertiggericht statt Vollwert-Menü, Brotbox statt Kochen, Supermarkt statt Bio – die Deutschen haben ihre Vorlieben, wenn es um die Ernährung geht. „Essen ist mehr als bloße Nahrungsaufnahme“, sagte Agrarminister Christian Schmidt (CSU) bei der Vorstellung des Ernährungsreports 2017. Essen gehöre „zum kulturellen und sozialen WirGefühl“, stehe für Heimat und Gesundheit ebenso wie für die steigenden Erwartungen und Ansprüche an eine verantwortungsbewusste Lebensmittelproduktion. Für den Report waren 1000 Bundesbürger ab 14 Jahren befragt worden.
Worauf legen die Deutschen bei der Ernährung am meisten Wert? Wichtig ist den Verbrauchern vor allem, dass das Essen schmeckt (99 Prozent) und gesund ist (89). Aber es soll auch schnell gehen. 55 Prozent der Befragten legen Wert auf eine zügige Zubereitung, 2015 waren es 45 Prozent. Mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen entscheidet sich deshalb häufiger für ein Fertiggericht. Am höchsten im Kurs stehen Fleischgerichte. 53 Prozent der Deutschen entscheiden sich dafür. Auf Platz zwei stehen Nudelgerichte (38 Prozent), gefolgt von Gemüsegerichten, Fisch, Eintopf und Kartoffelgerichten. Für 13 Prozent der Verbraucher ist Pizza das Lieblingsgericht.
Kantine oder selbst kochen – wie sind die Vorlieben? Laut Ernährungsreport nimmt die Kochlust ab. Nur 39 Prozent der Befragten kochen täglich, 2015 waren es noch 41 Prozent. Elf Prozent der Verbraucher kochen nie. Berufstätige verpflegen sich vornehmlich aus der Brotbox. 57 Prozent der Erwerbstätigen, Schüler und Studenten bringen sich ihr Essen täglich oder sehr häufig mit. Regelmäßig in die Kantine gehen nur 20 Prozent, 15 Prozent essen beim Bäcker oder im Imbiss, fünf Prozent im Restaurant.
Worauf achten die Verbraucher beim Einkauf am meisten? Für die Befragten gibt vor allem der Geschmack den Ausschlag, für drei von vier Verbrauchern zählt die regionale Herkunft von Lebensmitteln. 57 Prozent achten insbesondere auf Produktinformationen und Preis. Gut jeder Dritte lässt sich von Siegel und Labels beim Einkauf leiten. Dabei kaufen Frauen deutlich bewusster ein als Männer, achten zu 58 Prozent auf Biosiegel, bei den Männern sind es 39 Prozent. 62 Prozent der Deutschen kaufen den Großteil ihrer Lebensmittel im Supermarkt. Nur sechs Prozent kaufen unter anderem in Bioläden, zwei Prozent weniger als im Vorjahr.
Welche Rolle spielt Tierschutz für die Bürgerinnen und Bürger? 87 Prozent der Verbraucher halten Verbesserungen bei den Haltungsbedingungen in Deutschlands Ställen für notwendig. Vier von fünf Befragten sprechen sich für ein Label oder Siegel aus, mit dem die Einhaltung von Tierschutzstandards transparent gemacht wird. Für mehr Tierwohl sind 90 Prozent der Verbraucher bereit, höhere Preise zu akzeptieren. Im Durchschnitt würden sie 13,60 Euro pro Kilogramm Fleisch zahlen. Schmidt will bei der Grünen Woche in Berlin sein Konzept für ein Tierwohl-Siegel vorstellen.
Wie wird die Verpflegung in Kitas und Schulen beurteilt? 90 Prozent der Deutschen wollen verbindliche Standards für die Verpflegung in Ganztagseinrichtungen wie Kita oder Schule. 80 Prozent wollen ein Mitspracherecht von Kindern und Eltern bei der Gestaltung der Speisepläne. Zwei Drittel der Eltern wären bereit, für Bio-Essen in der Schule mehr zu zahlen. Schmidt wirbt für ein Schulfach „Ernährungsbildung“und verhandelt mit den Kultusministern über einheitliche Standards für Schul- und Kita-Essen.
Welche Initiativen sind von Schmidt noch zu erwarten? Neben dem Tierwohl-Siegel und den Ernährungsstandards für Schule und Kita will Schmidt das Wegwerfen genießbarer Lebensmittel verringern und weg vom bisherigen Mindesthaltbarkeitsdatum. Es soll durch ein „Verbrauchsverfallsdatum“ersetzt werden. Die Umsetzung müsse aber auf EU-Ebene geregelt werden.