Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
In Dohuk geht es ums Zusammenrücken
Hunderttausende flohen vor dem IS in die nordirakische Stadt
RAVENSBURG - Manchmal muss es schnell gehen. 2015 etwa, als im Nordirak Hunderttausende aus den Bergen und den Dörfern vor den Gräueltaten des „Islamischen Staates“flohen und plötzlich in den großen Städten ankamen. Dohuk hat 500 000 Einwohner, 700 000 Geflüchtete kamen in den vergangenen zwei Jahren dazu. Die Regierung der autonomen Region Kurdistan musste schnell handeln.
Heute gibt es rund um die Stadt 28 Flüchtlingscamps. In einigen leben die Menschen in Zelten, in anderen in Wohncontainern. Hunderttausende haben innerhalb kürzester Zeit ein Dach über dem Kopf bekommen. In den Camps gibt es Wasser und Strom und die Geflüchteten bekommen zumindest einen Zuschuss für den Lebensmittelkauf.
Zuständig für die Organisation ist die Behörde „Board of Relief and Humanitarian Affairs“(BRHA) – eine Art Bundesamt für Migration, das 2015 eilig geschaffen wurde. Hier laufen die Informationen zusammen – von den Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen die Pässe der Geflüchteten kontrolliert werden, bis zu den Camps, auf die Flüchtlinge nach Ethnien getrennt verteilt werden. Seit der Offensive auf Mossul, der letzten großen IS-Hochburg, nehmen die Zahlen der Geflüchteten zu. Das BRHA muss Grundstücke finden, auf denen noch mehr Camps errichtet werden können.
Wie verändert sich eine Stadt, deren Einwohnerzahl durch die Flüchtlingskrise mehr als verdoppelt wurde? Ein Gefühl dafür bekommt man auf Dohuks Markt. Einerseits sind die Geflüchteten Kunden, sie brauchen Essen, Kleidung und Medikamente. Doch sie sind auch auf der Suche – nach einer Perspektive und nach Arbeit. Die Marktstandbetreiber, von denen viele ihr ganzes Leben in Dohuk verbringen, sind gespalten: Einerseits würden die Flüchtlinge die Situation auf dem Arbeitsplatz für ihre Kinder erschweren.
Andererseits herrscht hier bei vielen Merkels „Wir schaffen das“-Überzeugung, der Glaube, dass es der Gesellschaft gelingen wird, die Flüchtlinge zu integrieren. Anders als in Deutschland bedeutet das im Irak nicht, ihnen kulturelle Werte zu vermitteln. Denn die meisten sind Binnenflüchtlinge, sie sehen nicht anders aus und sprechen die gleiche Sprache. Integration bedeutet hier, einen Platz zum Leben und zum Arbeiten zu schaffen und dafür womöglich ein bisschen näher zusammenzurücken. Spendenkonto: Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Bank für Sozialwirtschaft Stuttgart IBAN: DE90 6012 0500 0001 7088 00 BIC: BFSWDE33STG Stichwort: Helfen bringt Freude
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