Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weihnachtsfeier im Montagstreff
Ravensburger und Flüchtlinge feiern gemeinsam in der Zehntscheuer
RAVENSBURG - Der Raum konnte gerade noch die vielen Menschen beherbergen, die der Einladung des „Montagstreffs“gefolgt waren. Insbesondere viele Familien aus Syrien und Afghanistan, die in den dezentralen Flüchtlingsunterkünften leben, waren gekommen, denn der Nikolaus hatte seinen Besuch bei ihren Kindern angekündigt.
Seit Mai dieses Jahres ist die Zehntscheuer in Ravensburg ein Ort der wöchentlichen Begegnung von Geflüchteten und Bürgern der Stadt. Bei Tee, Kaffee, Kuchen- und Gebäckspenden von der Bäckerei Honold und den Foodsharern kann ein erster Kontakt aufgenommen werden. Man kommt ins Gespräch und kann sich selbst einen Eindruck verschaffen, wie es den Geflüchteten geht – auch ohne längerfristig Verantwortung oder eine Patenschaft zu übernehmen.
Hier arbeiten viele Akteure Hand in Hand, und nur so kann auch so ein großes Projekt gelingen: Die Stadt Ravensburg hat beim ZehntscheuerVerein um den Raum angefragt und übernimmt die Kosten für die Getränke und die anschließende Raumreinigung. Ein ehrenamtlich arbeitendes sechsköpfiges Team des Zehntscheuer-Vereins ist für die gesamte Organisation zuständig. Sie gewährleisten das Auf- und Abschließen, bewirtschaften die Küche und reinigen im Anschluss den Raum.
Ein weiteres Team um Frank Herziger aus etwa zehn ehrenamtlichen Helfern ist für die inhaltliche Gestaltung der zur Verfügung stehenden Stunden zuständig, und das Angebot kann sich h sehen lassen: In der einen Ecke finden verschiedene Formen der Sprachvermittlung statt. Das kann die Hausaufgabenbetreuung der Kinder sein, ein gemeinsames Gesellschaftsspiel, an dem sich auch die Erwachsenen beteiligen, um die Sprache zu lernen oder das Deutschlernen nach Buch. Geflüchtete kommen hier zur Beratung über die Schule, mit Fragen zu den Behörden, vielleicht mit einer Stromrechnung in der Hand. Eine mündliche Suche-Biete-Börse vermittelt Kleidung, Betten, Kochtöpfe, was gerade gebraucht wird. Aus dem Vorraum dringt Gitarren- und Trommelklänge herüber – das gemeinsam Musizieren ist ein Türöffner jenseits der Sprache.
Aber an diesem Tag ist alles anders: die Tische sind mit Obst vom Viktualienmarkt und Lebkuchen vom der Fairhandelsgenossenschaft dwp weihnachtlich dekoriert. Es gibt ein Kuchenbuffet, Geschenke von Kunden des Friseursalons Haarbasis werden verteilt. Anhand von Dias wird die Geschichte vom St. Nicolaus erzählt und immer wieder in die Heimatsprachen der Geflüchteten übersetzt. Das frisch einstudierte Weihnachtslied „Oh Tannenbaum“wird mit Unterstützung der Kinder langsam melodischer und endlich kommt der Nicolaus. Obwohl die Kinder erst 8 Monate oder ein Jahr in Ravensburg leben, sprechen sie sehr gut Deutsch.