Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Aushängeschild „Emma“hat noch Potenzial
Zukunftsthema Bürgermobilität: Wer geht welchen Weg – Ein Vergleich in der Bodenseeregion
RAVENSBURG - Hoch angesiedeltes Zukunftsthema: Wie verändert sich die Verkehrsnutzung, welche Rolle spielt der öffentliche Personennahverkehr ÖPNV, wie stellen sich Kommunen zur Bürgermobilität? Ausgehend von „Emma“, dem Elektromobil mit Anschluss, das in Meckenbeuren zum Aushängeschild zu werden verspricht, wirft die SZ zusammen mit Ingo Kitzmann einen Blick in die Region (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Der ehemalige Lehrbeauftragte an der Dualen Hochschule in Ravensburg hat etliche Projekte zur Bürgermobilität in der Bodenseeregion begleitet und daraus eine Erkenntnis gewonnen: „Überstülpen lässt sich nichts. Es muss für jede Kommune ein individuelles Modell gestrickt werden.“
Meckenbeuren: Name: BürgerMobil Meckenbeuren. Seit: September 2014. Fahrzeug: E-Mobil Nissan Leaf. Betriebskosten: 17 000 Euro im Gemeindehaushalt 2016. Kooperationspartner: Verkehrsverbund bodo. Wochenstunden: 32. Entgelt: Erwachsene zahlen einen Euro je Fahrt, 50 Cent für Kinder von sechs bis 14 Jahren, Kinder unter sechs Jahren und Schwerbehinderte sowie Bodo-Zeitkarten-Inhaber fahren kostenlos.
Besonderheit: Weg vom Fahrplan, hin zu Fahrten nach Bedarf. Ein Konzept, das seit September greift und enormen Erfolg hat, wie Ordnungsamtsleiterin Bernadette Steible bestätigt. Was zuvor 30 bis 40 Anforderungen in der Woche waren, sind nun 60 bis 70. Und jüngst gab es gar einen Vorgeschmack aufs Potenzial – 94 Fahrten in der Woche. „Es ist toll, was sich entwickelt“, sagt Bernadette Steible. Wohlwissend, dass die Technik mitwachsen muss. Seit der Vorwoche tut ein neuer (weiter geleaster) Nissan Leaf Dienst, der eine höhere Reichweite hat und eine Schicht ohne Nachladen absolvieren können soll.
Kressbronn: Name: Bürgerbus Kressbronn e.V. In Betrieb seit: Oktober 2015. Fahrzeug: Kleinbus mit neun Sitzen (ein neuer soll in Bälde angeschafft werden). Kosten: 10 000 Euro im Gemeindehaushalt 2017. Entgelt: ein Euro je Fahrt, ab April 1,50 Euro. Besonderheit: Weg von der Linie 635 hin zu einem Rufsystem mit dichterem Haltestellennetz – das ist der Plan ab April, bei dem der Betrieb in Meckenbeuren als Vorbild dienen soll. Ab April sollen auch Schüler aus entlegenen Randgebieten der Gemeinde befördert werden.
Tettnang: Auf die Situation in der Montfortstadt geht die SZ in einem gesonderten Artikel ein.
Argenbühl: Stand: Die Gemeindeverwaltung mit Bürgermeister Roland Sauter (aufgewachsen in Untereisenbach) an der Spitze soll mit Ingo Kitzmann als Fachmann die „Mobilitäts-Bedürfnisse“der Argenbühler erarbeiten. In Betrieb seit: Verein „BürgerMobil Argenbühl“soll sich im Frühjahr gründen. Fahrzeug: ein Kleinbus, der Isny und Wangen ansteuert. Kooperationspartner: bewusst keiner. Besonderheit: sozialer Fahrdienst als Ziel mit Ehrenamtlichen als Fahrern.
Amtzell: Name: „BürgerMobilität Amtzell“. In Betrieb seit: Mai 2016. Rollstuhlgerechtes Fahrzeug für sechs Personen: Für 28 000 Euro angeschafft, was zum größten Teil durch die 20 000-Euro-Spende der mittlerweile verstorbenen Aloisia Kränzle bezahlt wurde. Wochenstunden: stets Mittwoch und Donnerstag sowie zu den Seniorennachmittagen zur „bedarfsorientierten Ergänzung“. Besonderheit: Im ersten Halbjahr nutzten 92 Personen bei 47 Fahrten die kostenlose Beförderung.
Eriskirch: Start im September 2014 im Zuge von „emma“. Strecke: unter Liniennummer 621 von Eriskirch Bahnhof über Schlatt, Mariabrunn nach Bürgermoos und Tettnang. Fuhrpark: im Februar 2015 Umstieg auf einen Kombi (fünf Sitze, aber mehr Platz für Gepäck und anderes). Kooperationspartner: bodo. Entgelt: Für Fahrten von Eriskirch über Mariabrunn bis Braitenrain kostet die Fahrt 2,10 Euro (Kinder 1,25 Euro), für Fahrten nach Bürgermoos und Tettnang sind 2,65 Euro (Kinder 1,60 Euro) zu berappen.
Markdorf: Im August 2015 wird „emma“begrüßt. Die Euphorie legt sich bald, das Augenmerk wandelt sich – es liegt nun auf einem Bürgerbus, für den sich vor allem der Verein „Bürger für Bürger“starkmacht. Er soll die Ortsteile Ittendorf, Riedheim, Bergheim, Leimbach und Hepbach mit der Kernstadt verbinden.