Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Von Keramikresten bis hin zur Grablege
Durch die Arbeiten am Basilikavorplatz könnten wahre archäologische Schätze hervortreten
WEINGARTEN - Der Vorplatz der Basilika soll im Jahr 2018 komplett aufgerissen und mit neuen Platten versehen werden. Das könnte interessante archäologische Funde zutage fördern, die ganz neue Erkenntnisse zur Besiedlung und Entwicklung des Martinsberges liefern, wie auch Reinhold Schmid bestätigt. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich für das Landesamt für Denkmalpflege und kennt sich mit Bodendenkmalpflege aus. „Da können durchaus Keramikreste oder Knochenreste von alten Bestattungen sein“, sagt er. „Die können aus barocker Zeit, also dem 18. Jahrhundert, oder aus dem Spätmittelalter um 1500 stammen.“
Im ganz unwahrscheinlichen Glücksfall könnte man gar Bezüge zum Geschlecht der Welfen herstellen. „Man hofft ja immer, etwas aus der frühen Besiedlung des Martinsberges, also der Welfenzeit, zu finden. Das ist eher unwahrscheinlich, aber auch nicht völlig ausgeschlossen“, sagt Schmid. Das Areal sei nicht optimal für Ausgrabungen, schließlich sei in den vergangenen Jahrhunderten immer einfach über alles rübergebaut worden. Archäologisch sei seines Wissens auf dem Martinsberg noch kaum etwas aufgenommen worden – mit einer Ausnahme. Schmid verweist auf Konrad Hecht, der in den 1950er-Jahren Teile des Platzes untersuchte. Dieser schrieb damals: „Unter dem Pflaster des Kirchplatzes liegt Bauschutt, der mit Erde und Knochenfragmenten vermischt ist.“
Es gab wohl einen Friedhof Das zumindest deutet darauf hin, dass es Knochenreste gab. Auch im Bauschutt können Keramikreste enthalten sein. „Wenn es außer Bauschutt, Keramikfragmenten und Knochenresten etwas gibt, könnte es als größter Glücksfall eine Grablege geben“, sagt Schmid. Das sei aber auch eher unwahrscheinlich. Dennoch will Schmid das nicht ausschließen, schließlich hatte es im 17. Jahrhundert wohl einen Friedhof vor der Basilika gegeben. Darauf deutet zumindest eine Abbildung von 1627 hin.
Aus historischer Sicht sehr wertvoll wären neben Mauerresten auch Metallgegenstände. Gerade Alltagsgegenstände seien nicht völlig abwegig. Größere Hoffnungen will der Experte aber nicht schüren. „Ich glaube nicht, dass ein Schwert aus der Welfenzeit da herauskommt“, sagt Schmid lachend, der darauf setzt, dass bei den Bauarbeiten behutsam vorgegangen wird. „Eine Baggerschaufel kann einen ganzen Befund wegheben“, warnt der studierte Historiker. Auch ist er sich der einmaligen Chance bewusst. Schließlich liegen die Platten seit vielen Jahrzehnten auf dem Basilikavorplatz. Sobald sie neu verlegt sind, „ist das Thema wieder für ein halbes Jahrhundert durch“, weiß auch Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen.
Zettler weiß um Verantwortung Daher ist er sich der Bedeutung von Basilika und Vorplatz und der damit verbundenen Geschichte bewusst. Für Zettler resultiert daraus eine große Verantwortung. „Wir haben eine Verpflichtung als Land, dort mit aller Achtsamkeit heranzugehen. Daraus resultiert auch eine gewisse Vorbildfunktion“, sagt Zettler hinsichtlich privater Bauherren, die archäologische Ausgrabungen üblicherweise nicht so gerne sehen. „Da muss man das richtige Maß für finden. Das ist ein gewisser Spagat.“Schließlich gelte es auch den zeitlichen und finanziellen Vorgaben gerecht zu werden.
Zeitlicher Puffer eingeplant Dennoch will Zettler einen gewissen Puffer bei den Baumaßnahmen einplanen, um etwas tiefer zu graben. „Ich möchte nicht ausschließen, dass wir Sondierungsgrabungen an zwei bis drei Punkten machen und das Ganze in vertretbarem Umfang ausweiten. Das ist man diesem Ort schuldig.“Denn eigentlich braucht es für die Verlegung der Platten nur Grabungen bis zu einem Meter Tiefe. Sollten die Grundleitungen unter dem Vorplatz erneuert werden müssen, könnte es aber ohnehin tiefer gehen. Diese liegen in 1 Meter 50 Tiefe. Mit kleinen Kameras werden die Leitungen von innen erkundet. So können eventuelle Schäden festgestellt werden, die wiederum den Austausch der Leitungen notwendig machen.
Sollte es tatsächlich archäologische Funde geben, kann sich Zettler auch vorstellen, diese an Ort und Stelle zu präsentieren. „Wenn da interessante Dinge kommen, zeigen wir die auch gerne“, sagt Zettler, der sich bei einem spektakulären Fund auch eine Glasfront über der Ausgrabungstelle vorstellen kann.
Das wird Reinhold Schmid gerne hören und den ganzen Prozess auf jeden Fall intensiv begleiten. Sollte es Anzeichen für einige interessante Funde geben, könnte das Amt für Denkmalpflege auch einen hauptamtlichen Mitarbeiter schicken. Dann würden die Bauarbeiten vorerst gestoppt. Denn: „Wenn es archäologisch so bedeutend ist, dann hat das Landesdenkmalamt Vorrang“, sagt Schmid.