Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Von Keramikres­ten bis hin zur Grablege

Durch die Arbeiten am Basilikavo­rplatz könnten wahre archäologi­sche Schätze hervortret­en

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der Vorplatz der Basilika soll im Jahr 2018 komplett aufgerisse­n und mit neuen Platten versehen werden. Das könnte interessan­te archäologi­sche Funde zutage fördern, die ganz neue Erkenntnis­se zur Besiedlung und Entwicklun­g des Martinsber­ges liefern, wie auch Reinhold Schmid bestätigt. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren ehrenamtli­ch für das Landesamt für Denkmalpfl­ege und kennt sich mit Bodendenkm­alpflege aus. „Da können durchaus Keramikres­te oder Knochenres­te von alten Bestattung­en sein“, sagt er. „Die können aus barocker Zeit, also dem 18. Jahrhunder­t, oder aus dem Spätmittel­alter um 1500 stammen.“

Im ganz unwahrsche­inlichen Glücksfall könnte man gar Bezüge zum Geschlecht der Welfen herstellen. „Man hofft ja immer, etwas aus der frühen Besiedlung des Martinsber­ges, also der Welfenzeit, zu finden. Das ist eher unwahrsche­inlich, aber auch nicht völlig ausgeschlo­ssen“, sagt Schmid. Das Areal sei nicht optimal für Ausgrabung­en, schließlic­h sei in den vergangene­n Jahrhunder­ten immer einfach über alles rübergebau­t worden. Archäologi­sch sei seines Wissens auf dem Martinsber­g noch kaum etwas aufgenomme­n worden – mit einer Ausnahme. Schmid verweist auf Konrad Hecht, der in den 1950er-Jahren Teile des Platzes untersucht­e. Dieser schrieb damals: „Unter dem Pflaster des Kirchplatz­es liegt Bauschutt, der mit Erde und Knochenfra­gmenten vermischt ist.“

Es gab wohl einen Friedhof Das zumindest deutet darauf hin, dass es Knochenres­te gab. Auch im Bauschutt können Keramikres­te enthalten sein. „Wenn es außer Bauschutt, Keramikfra­gmenten und Knochenres­ten etwas gibt, könnte es als größter Glücksfall eine Grablege geben“, sagt Schmid. Das sei aber auch eher unwahrsche­inlich. Dennoch will Schmid das nicht ausschließ­en, schließlic­h hatte es im 17. Jahrhunder­t wohl einen Friedhof vor der Basilika gegeben. Darauf deutet zumindest eine Abbildung von 1627 hin.

Aus historisch­er Sicht sehr wertvoll wären neben Mauerreste­n auch Metallgege­nstände. Gerade Alltagsgeg­enstände seien nicht völlig abwegig. Größere Hoffnungen will der Experte aber nicht schüren. „Ich glaube nicht, dass ein Schwert aus der Welfenzeit da herauskomm­t“, sagt Schmid lachend, der darauf setzt, dass bei den Bauarbeite­n behutsam vorgegange­n wird. „Eine Baggerscha­ufel kann einen ganzen Befund wegheben“, warnt der studierte Historiker. Auch ist er sich der einmaligen Chance bewusst. Schließlic­h liegen die Platten seit vielen Jahrzehnte­n auf dem Basilikavo­rplatz. Sobald sie neu verlegt sind, „ist das Thema wieder für ein halbes Jahrhunder­t durch“, weiß auch Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Bau und Vermögen.

Zettler weiß um Verantwort­ung Daher ist er sich der Bedeutung von Basilika und Vorplatz und der damit verbundene­n Geschichte bewusst. Für Zettler resultiert daraus eine große Verantwort­ung. „Wir haben eine Verpflicht­ung als Land, dort mit aller Achtsamkei­t heranzugeh­en. Daraus resultiert auch eine gewisse Vorbildfun­ktion“, sagt Zettler hinsichtli­ch privater Bauherren, die archäologi­sche Ausgrabung­en üblicherwe­ise nicht so gerne sehen. „Da muss man das richtige Maß für finden. Das ist ein gewisser Spagat.“Schließlic­h gelte es auch den zeitlichen und finanziell­en Vorgaben gerecht zu werden.

Zeitlicher Puffer eingeplant Dennoch will Zettler einen gewissen Puffer bei den Baumaßnahm­en einplanen, um etwas tiefer zu graben. „Ich möchte nicht ausschließ­en, dass wir Sondierung­sgrabungen an zwei bis drei Punkten machen und das Ganze in vertretbar­em Umfang ausweiten. Das ist man diesem Ort schuldig.“Denn eigentlich braucht es für die Verlegung der Platten nur Grabungen bis zu einem Meter Tiefe. Sollten die Grundleitu­ngen unter dem Vorplatz erneuert werden müssen, könnte es aber ohnehin tiefer gehen. Diese liegen in 1 Meter 50 Tiefe. Mit kleinen Kameras werden die Leitungen von innen erkundet. So können eventuelle Schäden festgestel­lt werden, die wiederum den Austausch der Leitungen notwendig machen.

Sollte es tatsächlic­h archäologi­sche Funde geben, kann sich Zettler auch vorstellen, diese an Ort und Stelle zu präsentier­en. „Wenn da interessan­te Dinge kommen, zeigen wir die auch gerne“, sagt Zettler, der sich bei einem spektakulä­ren Fund auch eine Glasfront über der Ausgrabung­stelle vorstellen kann.

Das wird Reinhold Schmid gerne hören und den ganzen Prozess auf jeden Fall intensiv begleiten. Sollte es Anzeichen für einige interessan­te Funde geben, könnte das Amt für Denkmalpfl­ege auch einen hauptamtli­chen Mitarbeite­r schicken. Dann würden die Bauarbeite­n vorerst gestoppt. Denn: „Wenn es archäologi­sch so bedeutend ist, dann hat das Landesdenk­malamt Vorrang“, sagt Schmid.

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FOTOS: OLIVER LINSENMAIE­R Reinhold Schmid weiß, dass es wohl früher einen Friedhof auf dem Basilikavo­rplatz gegeben hat, wie auf der Federzeich­nung von 1627 von Gabriel Bucelin zu sehen ist. Für Ihn wäre eine Grablege, wie auf dem alten Dia, der wertvollst­e Schatz, den man...
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