Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ich „muss“abnehmen! Einmal Dampfhamme­r bitte.

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Vergangene Woche habe ich einen alten Freund getroffen. Wie das so ist, haben wir auch über unsere guten Vorsätze für das neue Jahr gesprochen. „Schau mich mal an! Ich muss jetzt echt etwas tun. Ich muss wieder mehr Sport machen und die Rettungsri­nge loswerden. Ich muss wohl auch weniger essen. Mit FDH (friss die Hälfte) habe ich schon angefangen. Macht zwar keinen Spaß, aber was soll ich tun. So geht‘s auf keinen Fall weiter!“Voller Inbrunst ist das aus ihm herausgesp­rudelt. Ich bin gespannt, welche Erfolge er mir nächsten Monat berichtet. Ich habe diese Worte schon so oft gehört, aber im Unterton erkannte ich schon: er ist nicht richtig motiviert. Bei den meisten hält die Motivation zum Abnehmen bis zum nächsten Mittagesse­n. Das ist auch kein Wunder, denn wie mein Freund und viele andere auch, setzt man zum Neujahr die Brechstang­e an, um abzunehmen. Sie MÜSSEN abnehmen und sie MÜSSEN Sport machen. Das hört sich an wie ein innerer Teufel, der immer hinter uns steht, verbal ständig auf uns einprügelt und Dinge sagt wie: MACHE DAS, DU MUSST, TUE DAS JETZT. Im neuen Jahr versuchen wir innerhalb weniger Tage die kleinen Ernährungs­fehler der letzten Jahre zu korrigiere­n. Dass das nicht auf Dauer funktionie­rt, ist klar, oder? Ich möchte nicht, dass Sie sich so sehr unter Druck setzen und nicht nett zu sich selber sind! Es gibt einen kleinen, aber sehr effektiven, Trick, der genau das verhindert. Ersetzen Sie ab heute das Wort „müssen“durch: „Ich möchte“. „Müssen“erzeugt Druck... als wenn jemand hinter einem steht und dir ständig auf die Finger schaut. „Ich möchte“kommt von Innen, erzeugt einen Wunsch und ist viel angenehmer. Behalten Sie Ihre Vorsätze bei, aber ersetzen Sie bitte „müssen“durch „ich möchte“. Ebenso sinnvoll ist es, nicht alleine “irgend etwas“anzufangen. Nach der anfänglich­en Euphorie kommt immer eine Phase, in der klappt es nicht so richtig. Hier ist Motivation und richtige Anleitung gefragt. Jemand, der durch das Tal hindurch führt. Jemand der einen an die Hand nimmt und zeigt was bisher gut war, aber auch was nicht so gut war. Jemand der hilft die richtige Geschwindi­gkeit zu finden um sein Ziel zu erreichen und dieses dabei nicht aus dem Auge zu verlieren. Hierzu noch ein Zitat von Gotthold Ephraim Lessing: „Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinde­r, als jener, der ohne Ziel umherirrt.“

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