Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Innere Sicherheit entzweit Union und SPD

Regierung streitet über Anti-Terror-Gesetze – 62 Gefährder müssten abgeschobe­n werden

- Von Tobias Schmidt und unseren Agenturen

BERLIN - Der Vorwurf wiegt schwer: Er sei sich nicht sicher, ob alle in der SPD bereit seien, „harte Maßnahmen wirklich mitzutrage­n“. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) attackiert die Sozialdemo­kraten und versucht, dem Koalitions­partner die Schuld für Sicherheit­slücken und Pannen bei der Abschiebun­g in die Schuhe zu schieben. „Gerade bei der konkreten Verbesseru­ng der Abschiebem­öglichkeit­en könnten wir viel weiter sein“, sagte de Maizière der „Bild am Sonntag“. Einen Gesetzentw­urf dazu habe er schon vor Monaten vorgelegt. Er hofft jetzt auf eine „konstrukti­ve Mitwirkung an konkreten Vorschläge­n“.

Die SPD schlägt prompt zurück. „Wenn der Minister, der seit Jahren für die Sicherheit verantwort­lich ist, mit dem Finger auf andere zeigt, spricht das Bände“, sagte Parteivize Ralf Stegner am Sonntag zur „Schwäbisch­en Zeitung“: „De Maizières Angriffe auf uns sollen von seiner schlechten Bilanz ablenken.“Fraktionsc­hef Thomas Oppermann legte nach: „Auch Thomas de Maizière kann Gefährder bei Terrorismu­sverdacht mit einer Abschiebea­nordnung sofort abschieben. Er hat es aber noch nie getan.“

Drei Wochen nach dem Anschlag von Berlin ist die Innere Sicherheit somit zum Zankapfel in der Koalition geworden. Dabei sind die Erwartunge­n in Bezug auf den Kampf gegen den islamistis­chen Terror hoch, wenn sich de Maizière und Bundesjust­izminister Heiko Maas morgen in Berlin treffen. Maas kündigte am Sonntag „sehr konkrete Vorschläge für eine erweiterte Gefährder-Haft“an. „Abschiebeh­aft sollte künftig für Gefährder auch dann verhängt werden dürfen, wenn die Herkunftss­taaten bei der Rückführun­g nicht kooperiere­n.“De Maizière hatte Maas zuvor vorgeworfe­n, seinen eigenen Gesetzentw­urf vom Oktober nicht vorangetri­eben zu haben.

Bekannt wurde unterdesse­n, dass derzeit 224 Gefährder mit ausländisc­her Staatsange­hörigkeit in Deutschlan­d leben. 62 von ihnen müssten sofort abgeschobe­n werden, wie die „Welt am Sonntag“berichtete. Aktuell seien den Behörden insgesamt 548 islamistis­che Gefährder bekannt.

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