Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trump setzt auf Russland
Künftiger US-Präsident von Cyber-Angriff unbeeindruckt
NEW YORK/LAUSANNE (dpa/SID) - Der designierte US-Präsident Donald Trump will gute Beziehungen zu Russland verfolgen – trotz der Überzeugung der US-Geheimdienste CIA, FBI und NSA, dass Kremlchef Wladimir Putin Hackerangriffe zur Beeinflussung der US-Wahl angeordnet hat. „Ein gutes Verhältnis mit Russland zu haben, ist eine gute Sache“, twitterte er am Samstag. Mehrere Chefs der Spionagebehörden hatten den Republikaner zuvor de- tailliert über ihre Einschätzung der Cyber-Attacken im US-Wahlkampf unterrichtet, nachdem sich Trump zuvor wiederholt äußerst skeptisch über die Vorwürfe geäußert hatte.
Aus dem Report gehe auch hervor, dass es wohl nicht nur darum ging, der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton zu schaden. Auch die Verärgerung über die Enthüllung seines Staatsdoping-Systems sei für Russland ein Motiv für die CyberAngriffe gewesen.
Donald Trump tat, was er immer tut, wenn er dem politischen Geschehen seinen eigenen Spin geben will. Er schrieb Tweets. Nur dass er diesmal, nach der Veröffentlichung eines Geheimdienstberichts über russische Hackerangriffe, eine wahre Lawine an Kurznachrichten ins Rollen brachte.
Kaum war publik geworden, dass CIA und NSA im russischen Staatschef Wladimir Putin den Drahtzieher einer Cyber-Attacke gegen die amerikanischen Demokraten um Hillary Clinton sahen, konterte der designierte US-Präsident via Twitter. Gute Beziehungen zu Russland zu haben, sei eine gute Sache, schrieb er am Samstag. „Nur dumme Leute würden denken, dass so etwas schlecht wäre.“Acht Minuten darauf schob er nach, dass es bereits genug Probleme gebe und man kein zusätzliches brauche. Wenn er erst im Oval Office sitze, werde „Russland uns viel mehr respektieren, als das jetzt der Fall ist“, orakelte er, um elf Minuten später zu tweeten: „Beide Länder werden – vielleicht – zusammenarbeiten, um einige der größten (...) Probleme der Welt zu lösen.“
An der Weltsicht des Milliardärs hat er de facto nichts geändert, der 14 Seiten lange Report, in dem die wichtigsten Geheimdienste der USA Putin vorwerfen, eine gezielte Kampagne angeordnet zu haben, um Trump zum Sieg zu verhelfen. Russlands Ziel sei es gewesen, das Vertrauen der amerikanischen Wähler in den demokratischen Prozess zu untergraben, Hillary Clinton zu verunglimpfen, so die Kernaussage.
Dabei sei der Versuch der Einflussnahme weit darüber hinausgegangen, die E-Mails des Parteiapparats der Demokraten zu erbeuten und an Wikileaks weiterzugeben. Moskau, heißt es in der Analyse, habe auch Trump-freundliche Nutzer sozialer Netzwerke bezahlt und sich des Staatssenders „Russia Today“bedient, der „konstant negativ“über Clinton berichtet habe. Das Motiv? Putin sei schlecht auf die Ex-Außenministerin zu sprechen, seit sie Ende 2011, wie er glaube, Demonstrationen gegen seine Herrschaft initiiert habe.
Was in dem veröffentlichten Bericht fehlt, sind konkrete Beweise, die belegen, wie die Schlapphüte zu ihren Schlussfolgerungen gelangten. Man stütze sich auf zahlreiche Quellen, heißt es vage. An diesem Punkt setzen die Kritiker an. „Für diejenigen, die sich für das Thema interessieren, gab es im Wesentlichen nichts Neues zu lesen“, sagt Susan Hennessey, eine Ex-NSA-Beraterin.
Trump wiederum bestreitet kategorisch, dass er seine Präsidentschaft der Hackeroffensive verdankt. Zwar räumte er in einer schriftlichen Erklärung ein, dass die USA Ziel ständiger Cyber-Attacken seien, die von Russland, aber auch von „China, anderen Ländern, Gruppen und Leuten von außen“verübt würden. Doch während sich die Republikaner wirksam dagegen geschützt haben, habe „grobe Fahrlässigkeit“bei den Demokraten den Angreifern erst Tür und Tor geöffnet. Es habe nicht der Russen bedurft, schob seine Sprecherin Kellyanne Conway am Sonntag bei CNN hinterher, um amerikanische Wähler das Vertrauen in Hillary Clinton verlieren zu lassen.