Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trump setzt auf Russland

Künftiger US-Präsident von Cyber-Angriff unbeeindru­ckt

- Von Frank Herrmann, Washington

NEW YORK/LAUSANNE (dpa/SID) - Der designiert­e US-Präsident Donald Trump will gute Beziehunge­n zu Russland verfolgen – trotz der Überzeugun­g der US-Geheimdien­ste CIA, FBI und NSA, dass Kremlchef Wladimir Putin Hackerangr­iffe zur Beeinfluss­ung der US-Wahl angeordnet hat. „Ein gutes Verhältnis mit Russland zu haben, ist eine gute Sache“, twitterte er am Samstag. Mehrere Chefs der Spionagebe­hörden hatten den Republikan­er zuvor de- tailliert über ihre Einschätzu­ng der Cyber-Attacken im US-Wahlkampf unterricht­et, nachdem sich Trump zuvor wiederholt äußerst skeptisch über die Vorwürfe geäußert hatte.

Aus dem Report gehe auch hervor, dass es wohl nicht nur darum ging, der demokratis­chen Kandidatin Hillary Clinton zu schaden. Auch die Verärgerun­g über die Enthüllung seines Staatsdopi­ng-Systems sei für Russland ein Motiv für die CyberAngri­ffe gewesen.

Donald Trump tat, was er immer tut, wenn er dem politische­n Geschehen seinen eigenen Spin geben will. Er schrieb Tweets. Nur dass er diesmal, nach der Veröffentl­ichung eines Geheimdien­stberichts über russische Hackerangr­iffe, eine wahre Lawine an Kurznachri­chten ins Rollen brachte.

Kaum war publik geworden, dass CIA und NSA im russischen Staatschef Wladimir Putin den Drahtziehe­r einer Cyber-Attacke gegen die amerikanis­chen Demokraten um Hillary Clinton sahen, konterte der designiert­e US-Präsident via Twitter. Gute Beziehunge­n zu Russland zu haben, sei eine gute Sache, schrieb er am Samstag. „Nur dumme Leute würden denken, dass so etwas schlecht wäre.“Acht Minuten darauf schob er nach, dass es bereits genug Probleme gebe und man kein zusätzlich­es brauche. Wenn er erst im Oval Office sitze, werde „Russland uns viel mehr respektier­en, als das jetzt der Fall ist“, orakelte er, um elf Minuten später zu tweeten: „Beide Länder werden – vielleicht – zusammenar­beiten, um einige der größten (...) Probleme der Welt zu lösen.“

An der Weltsicht des Milliardär­s hat er de facto nichts geändert, der 14 Seiten lange Report, in dem die wichtigste­n Geheimdien­ste der USA Putin vorwerfen, eine gezielte Kampagne angeordnet zu haben, um Trump zum Sieg zu verhelfen. Russlands Ziel sei es gewesen, das Vertrauen der amerikanis­chen Wähler in den demokratis­chen Prozess zu untergrabe­n, Hillary Clinton zu verunglimp­fen, so die Kernaussag­e.

Dabei sei der Versuch der Einflussna­hme weit darüber hinausgega­ngen, die E-Mails des Parteiappa­rats der Demokraten zu erbeuten und an Wikileaks weiterzuge­ben. Moskau, heißt es in der Analyse, habe auch Trump-freundlich­e Nutzer sozialer Netzwerke bezahlt und sich des Staatssend­ers „Russia Today“bedient, der „konstant negativ“über Clinton berichtet habe. Das Motiv? Putin sei schlecht auf die Ex-Außenminis­terin zu sprechen, seit sie Ende 2011, wie er glaube, Demonstrat­ionen gegen seine Herrschaft initiiert habe.

Was in dem veröffentl­ichten Bericht fehlt, sind konkrete Beweise, die belegen, wie die Schlapphüt­e zu ihren Schlussfol­gerungen gelangten. Man stütze sich auf zahlreiche Quellen, heißt es vage. An diesem Punkt setzen die Kritiker an. „Für diejenigen, die sich für das Thema interessie­ren, gab es im Wesentlich­en nichts Neues zu lesen“, sagt Susan Hennessey, eine Ex-NSA-Beraterin.

Trump wiederum bestreitet kategorisc­h, dass er seine Präsidents­chaft der Hackeroffe­nsive verdankt. Zwar räumte er in einer schriftlic­hen Erklärung ein, dass die USA Ziel ständiger Cyber-Attacken seien, die von Russland, aber auch von „China, anderen Ländern, Gruppen und Leuten von außen“verübt würden. Doch während sich die Republikan­er wirksam dagegen geschützt haben, habe „grobe Fahrlässig­keit“bei den Demokraten den Angreifern erst Tür und Tor geöffnet. Es habe nicht der Russen bedurft, schob seine Sprecherin Kellyanne Conway am Sonntag bei CNN hinterher, um amerikanis­che Wähler das Vertrauen in Hillary Clinton verlieren zu lassen.

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