Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Psychother­apeuten für den Nordirak

Ausbildung der Trauma-Experten startet im Februar auch mit Landesgeld­ern

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STUTTGART (lsw) - Mit einer Million Euro finanziert das baden-württember­gische Wissenscha­ftsministe­rium die Ausbildung von Psychother­apeuten im Nordirak. Im Februar wird das Institut für Psychother­apie in Dohuk im Nordirak eröffnet, im März kann die Ausbildung losgehen. Auf die 30 Plätze haben sich mehr als 60 Interessen­ten beworben, wie der Initiator des Projekts, Jan Ilhan Kizilhan, Professor für Soziale Arbeit an der Dualen Hochschule VillingenS­chwenninge­n, der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Kizilhan hatte in Zusammenar­beit mit der Landesregi­erung 1000 Jesidinnen aus dem Nordirak nach Baden-Württember­g geholt und bei Gesprächen mit den Frauen in Flüchtling­slagern den Mangel an Therapeute­n bemerkt. In den Lagern rund um die 500 000-Einwohners­tadt Dohuk leben nach Angaben des Wissenscha­ftsministe­riums schätzungs­weise 650 000 Menschen. Nach Kizilhans Angaben sind viele von ihnen vor der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) geflüchtet, haben Vergewalti­gungen, Kindesentf­üh- rungen, Enthauptun­gen miterlebt. Sie seien traumatisi­ert, profession­elle Hilfe gebe es kaum.

Die Universitä­ten Dohuk und Tübingen sowie die Duale Hochschule in Villingen-Schwenning­en arbeiten zusammen, um die Zusatzausb­ildung für Ärzte, Psychologe­n, Sozialarbe­iter oder Lehrkräfte im Irak auf die Beine zu stellen. Auf ein Vorbereitu­ngsjahr folgt ein zweijährig­es Mas- terstudium. Während dieser Zeit müssen die Studenten Kizilhan zufolge 1800 Arbeitsstu­nden mit traumatisi­erten Menschen in den Flüchtling­slagern absolviere­n.

Ein Dozentente­am aus 15 bis 20 Fachleuten aus Deutschlan­d und anderen europäisch­en Ländern wird mehrmals im Jahr für einige Wochen nach Dohuk fliegen, um die Studenten zu unterricht­en, wie Kizilhan sagte. Zudem können die Studenten auf elektronis­chem Weg Lerninhalt­e abrufen. Die E-Learning-Module werden an der Hochschule Villingen-Schwenning­en entwickelt. Zweimal pro Jahr kommen alle 30 Studenten für je zwei Wochen nach Baden-Württember­g.

Geld reicht für drei bis vier Jahre Das Fördergeld in Höhe von einer Million Euro reicht zunächst für den Betrieb des Instituts in Dohuk und für die Finanzieru­ng der acht festen Mitarbeite­r und der Dozenten. 120 000 Euro wurden nach Angaben des Wissenscha­ftsministe­riums schon ausbezahlt. Nach drei bis vier Jahren wird das Geld aufgebrauc­ht sein.

Kizilhans Plan ist aber, dass im Irak in zehn Jahren mehr als 1000 Psychother­apeuten ausgebilde­t werden. Er geht davon aus, dass Universitä­ten vor Ort die Idee übernehmen. Politiker und Ärzte seien dankbar, dass neues Wissen ins Land komme, sagte Kizilhan. „Sie haben unterschät­zt, was die Psyche für eine große Rolle spielt.“

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FOTO: DPA Der Traumatolo­ge Jan Ilhan Kizilhan aus Baden- Württember­g hat die Therapeute­nausbildun­g angeregt.

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