Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Es kommen nur Vorschläge der Union, die nichts taugen“
SPD-Vizechef Ralf Stegner zum Streit um Abschiebung von Gefährdern und Bündelung von Sicherheitskompetenzen
BERLIN - Die CDU-Kritik am Koalitionspartner SPD diene der Ablenkung von den Versäumnissen der Union in den Sicherheitsfragen. Das sagte der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner (Foto: Drescher), im Gespräch mit Tobias Schmidt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière wirft der SPD vor, mehr Sicherheit zu verhindern. Ein berechtigter Vorwurf? Wenn der Minister, der seit Jahren für die Sicherheit verantwortlich ist, mit dem Finger auf andere zeigt, spricht das Bände. Wenn in seinem Bereich etwas voranging, dann geht das auf die SPD zurück, etwa die Aufstockung der Polizeikräfte auf Bundesebene und in den SPD-regierten Ländern. In der Union herrscht nur Streit oder es kommen Vorschläge, die nichts taugen, etwa für Transitzonen oder einen Bundeswehreinsatz im In- nern. De Maizières Angriffe auf uns sollen von seiner schlechten Bilanz ablenken.
Vor allem bei der Beschleunigung von Abschiebungen stelle sich die SPD quer, sagt de Maizière … Das sehe ich nicht, nirgends. Aber richtig ist, dass Herr de Maizière noch immer keine praktikablen Rücknahmeabkommen mit den nordafrikanischen Ländern durchgesetzt hat. Wir sind dafür, dass ausreisepflichtige Gefährder länger in Abschiebehaft genommen werden können. Es muss verhindert werden, dass solche Gefährder untertauchen, deshalb sind wir sofort bereit, die Voraussetzungen zu ändern, um ausreisepflichtige Gefährder in Haft zu nehmen. Warum sperrt sich die SPD gegen de Maizières Vorstoß, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz zu stärken und die Kompetenzen auf Bundesebene zu bündeln? Nicht die Bündelung ist entscheidend, sondern die gute Zusammenarbeit. Die muss man verbessern. Es wäre jetzt verheerend, die Axt an die bewährte Sicherheitsarchitektur zu legen und jahrelang herumzudoktern. Kein Mensch glaubt, eine Mammutbehörde sei effektiver als die dezentrale Organisation.
Welche Konsequenzen müssen gezogen werden, um für mehr Sicherheit vor dem Terror zu sorgen? Wir brauchen mehr Polizei. Wir müssen den europäischen Datenabgleich verbessern. Und wir müssen ausreisepflichtige Gefährder daran hindern, unterzutauchen, indem wir sie in Abschiebehaft festhalten. Zudem ist es lange überfällig, Rücknahmeabkommen mit den betroffenen Staaten zu schließen.
Zur Flüchtlingspolitik: Die CSU fordert eine weitergehende Begrenzung des Familiennachzugs. Ist das notwendig? Wenn die Partei, die das C in ihrem Namen trägt und ständig über Familie redet, jetzt die Begrenzung des Familiennachzugs ins Zentrum rückt, spricht das für sich. Mit solchen Ideen macht die CSU Angebote an die AfD. Die meisten Vorschläge der Union sind untauglich: Eine Obergrenze würde das im Grundgesetz verankerte Asylrecht untergraben. Internierungslager einzurichten, obwohl es Hunderte Kilometer grüne Grenze gibt, und dann zu hoffen, dass Terroristen dort hingehen würden, ist Unfug. Wir müssen Fluchtursachen bekämpfen und nicht die Flüchtlinge.