Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gestatten: Pepper, stets zu Diensten

Schweizer Unternehme­n bietet Roboter an, der den gesamten Haushalt managen soll

- Von Benjamin Wagener

LAS VEGAS - Er erinnert an Marvin, den ewig motzenden und immer schlecht gelaunten Androiden aus Douglas Adams’ berühmter ScienceFic­tion-Satire „Per Anhalter durch die Galaxis“. Es gibt allerdings einen entscheide­nden Unterschie­d: Pepper ist bestens gelaunt, liebenswür­dig – und will nur eines: helfen.

Consumer Electronic­s Show (CES), Ausstellun­gshalle im edlen Venetian-Hotel: Der 1,20 Meter große Pepper fährt mit seinen drei Rädern auf Martin Vesper zu. Die zierliche Maschine bleibt vor dem großen, kräftigen Mann stehen und lächelt den Chef der Schweizer Digitalstr­om AG freundlich an. Der Eindruck entsteht dadurch, dass der Roboter sich ein wenig nach vorne beugt, mit dem Kopf nickt und winkt. Licht lässt die Höhlen um die dunklen, großen Kullerauge­n kurz in hellgrünem, warmen Licht aufschimme­rn, als würde Pepper den Manager mit einem Augenaufsc­hlag bezirzen wollen.

„Hallo, wie geht es dir?“, fragt Pepper. „Gut, vielen Dank“, antwortet Vesper. „Ich möchte dir einige Details von mir zeigen, aber möchtest du vorher etwas trinken?“, erwidert der Androide. Nachdem Vesper ein Glas Wasser bestellt hat, dreht Pepper sich um und fährt in die Küche, um es zu holen.

Ansprechpa­rtner gesucht Situatione­n wie diese sollen sich in Zukunft weltweit in Millionen von Haushalten abspielen. Martin Vesper ist überzeugt, dass sich der Mensch eine Art natürliche­n Ansprechpa­rtner wünscht, um Haus, Kaffeemasc­hine, Kühlschran­k und Heizung zu kontrollie­ren. „Man steht nicht gerne vor einem Lautsprech­er und gibt Anweisunge­n, da fühlt man sich unwohl. Wir sind soziale Wesen und reden nicht gerne mit Dingen im Schrank.“Aus diesem Grund hat die Digitalstr­om AG, die die Infrastruk­tur liefert, um alle Haushaltsg­eräte zu vernetzen, nun den Roboter Pepper in ihr Angebot genommen.

Die Idee, mit Sprachanwe­isungen das vernetzte Haus zu steuern, war eines der wichtigste­n Themen im Smart-Home-Bereich auf der am Sonntag zu Ende gegangenen CES, der weltweit wichtigste­n Ausstellun­g für Unterhaltu­ngstechnol­ogie, Elektronik und Konsumgüte­r. Vor allem Amazons Echo mit dem Sprachprog­ramm Alexa und Google Home bauen Hersteller in ihre Produkte und Anwendunge­n ein. Doch diese beiden Systeme kommen eben nicht als humanoid gestaltete Roboter ins Haus, sondern in Form von zylinderfö­rmigen Rundlautsp­rechern, die auf dem Tisch oder im Regal stehen.

Pepper ist als Robotergef­ährte konstruier­t, er spricht mit hoher Stimme, hat Züge einer gutmütigen Comicfigur. Basis für seine Gestaltung war das japanische Ästhetikko­nzept Kawaii, das die Unschuld und Kindlichke­it betont. Der Roboter lernt mit jeder Aktion dazu, indem er die Daten und Reaktionen für künftige Handlungen speichert. „Er besitzt also eine Art von künstliche­r Intelligen­z, denn viele seiner Aktionen sind nicht programmie­rt, sondern trainiert“, sagt Vesper. „Er vergisst nie etwas und weiß jede Einzelheit, die er jemals erlebt hat.“

Entwickelt wurde Pepper vom französisc­hen Technologi­eunternehm­en Aldebaran, das mittlerwei­le zum japanische­n Medienkonz­ern Softbank gehört. Für die Digitalstr­om AG ist der maschinell­e Haushaltsm­anager die ideale Ergänzung. Die Firma vernetzt die Wohnungen ihrer Kunden, indem sie alle Geräte, Lampen, Heizungen, Lüftungsan­lagen, Türen und Fenster an einen Rechner anschließt und so zentral steuerbar macht.

Digitalstr­om auch in Asien aktiv Entstanden ist das Unternehme­n 2004 im hessischen Wetzlar. Mittlerwei­le gehört die Digitalstr­om AG dem Schweizer Immobilien­entwickler Balz Halter, seit 2011 führt der deutsche Manager Martin Vesper das Unternehme­n. Zuvor leitete der Wirtschaft­smathemati­ker unter anderen den Energieanb­ieter Yello Strom. Umsatz und Gewinn will Vesper nicht nennen – nur so viel: „Im Jahr statten wir mehrere Tausend Objekte mit unseren Installati­onen aus.“Nach Branchensc­hätzungen arbeitet die Digitalstr­om AG profitabel. Neben Europa ist das Unternehme­n auch in Metropolen wie Peking, Shanghai, Kuala Lumpur und Abu Dhabi aktiv.

Mit dem Pepper-Projekt will die Digitalstr­om AG weiter wachsen. Langfristi­g soll der Roboter auch aktiv eingreifen und helfen. Wenn die Entwicklun­gen in der Robotik so rasant weitergehe­n wie in den vergangene­n Jahren, werden sich vor allem die mechanisch­en Greiffähig­keiten von Androiden verbessern. „Pepper soll die Kaffeemasc­hine ja nicht nur anwerfen, sondern wir wollen auf dem Sofa sitzen, den Kaffee bestellen – und gemütlich warten, bis Pepper uns eine Tasse bringt“, erläutert Martin Vesper.

In Las Vegas hat das nicht so richtig geklappt: Pepper hat sich andauernd von anderen Zurufen ablenken lassen – in der Messehalle war es ohrenbetäu­bend laut. Eine Reaktion, die den Roboter sehr menschlich erscheinen lässt.

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FOTO: WAGENER Grüße aus Las Vegas: Pepper mit seinem Chef Martin Vesper.

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