Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Papst Franziskus lässt Schlafsäcke verteilen
Eiseskälte in Italien – Der Heilige Vater stellt auch Vatikanautos für Obdachlose zur Verfügung
ROM - So kalt war es in Italien seit Jahren nicht mehr: Maximaltemperaturen um 2 Grad und nachts Eiseskälte mit bis zu minus 4 Grad. In Mittel- und Süditalien ist es in diesen Tagen kälter und schneereicher als in Südtirol. Die Kaltfront trifft Italien von Rom Richtung Süden unvorbereitet: Es gibt zu wenig Schneepflüge, und viele Heizungen funktionieren bei solchen Temperaturen nicht richtig. In Apulien sind zahllose Ortschaften wegen Schneeverwehungen unerreichbar, und im Erdbebengebiet bei Amatrice, östlich von Rom, frieren Tausende in den Notunterkünften.
In nur zwei Tagen sind in Italien sechs Obdachlose erfroren. Schätzungen der Caritas Romana zufolge leben in der Hauptstadt etwa 5000 Menschen unter freiem Himmel. Für nur etwa 500 Personen gibt es Notunterkünfte. Viel zu wenig an solch eiskalten Tagen.
So entschied Papst Franziskus, den sogenannten „Almosengeber Seiner Heiligkeit“auf die Straße zu schicken. Der Almosengeber ist ein uraltes Amt innerhalb des Kirchenstaates. Amtsinhaber ist Monsignor Konrad Krajewski. Seit Franziskus im Amt ist, hat er alle Hände voll zu tun, denn dem Argentinier ist am Wohlergehen der Armen und Obdachlosen gelegen. So organisierte Krajewski im päpstlichen Auftrag im vergangenen Jahr Gratisduschen und einen Gratisfriseur direkt bei der Peterskirche sowie die Verteilung dicker Decken in der kalten Jahreszeit und mehr Notunterkünfte für den Winter.
Derzeit ist Krajewski jede Nacht unterwegs. Der Almosengeber und seine Mitarbeiter verteilen hochmoderne Schlafsäcke, in denen man auch bei Temperaturen von bis zu 20 Grad unter null warm schlafen kann. Gleichzeitig entschied Krajewski, dass die kirchlichen Obdachlosenunterkünfte den ganzen Tag über geöffnet bleiben.
Autos als Schlafstätten Für Obdachlose wie Signora Lisa, die in der Nähe der Porta Sant’Anna, dem offiziellen Eingang in den Kirchenstaat, auf der Straße lebt und sich auch bei der Eiseskälte weigert, in einer Notunterkunft zu übernachten, stellt die päpstliche Almosenverwaltung Autos aus dem Wagenpark des Heiligen Stuhls zur Verfügung. Darin können Signora Lisa und andere Obdachlose nachts schlafen.
Anders als der Vatikan glänzt Roms Stadtverwaltung durch Abwesenheit. Das italienische Rote Kreuz und die sozial sehr aktive katholische Laienorganisation Sankt Ägidius, die ihren Hauptsitz im römischen Stadtteil Trastevere hat, kritisierten am Sonntag den ihrer Meinung nach mangelhaften Einsatz der Stadt Rom. „Es gibt viel zu wenige städtische Notunterkünfte“, klagt Augusto D’Angelo von Sankt Ägidius, „ganz zu schweigen von einem Notplan, der sofort nach Einbruch dieser Wintertemperaturen hätte aktiv werden müssen“. Aus dem Rathaus kam bisher nur das Versprechen, bald einige Hundert Wolldecken zu verteilen.