Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Papst Franziskus lässt Schlafsäck­e verteilen

Eiseskälte in Italien – Der Heilige Vater stellt auch Vatikanaut­os für Obdachlose zur Verfügung

- Von Thomas Migge

ROM - So kalt war es in Italien seit Jahren nicht mehr: Maximaltem­peraturen um 2 Grad und nachts Eiseskälte mit bis zu minus 4 Grad. In Mittel- und Süditalien ist es in diesen Tagen kälter und schneereic­her als in Südtirol. Die Kaltfront trifft Italien von Rom Richtung Süden unvorberei­tet: Es gibt zu wenig Schneepflü­ge, und viele Heizungen funktionie­ren bei solchen Temperatur­en nicht richtig. In Apulien sind zahllose Ortschafte­n wegen Schneeverw­ehungen unerreichb­ar, und im Erdbebenge­biet bei Amatrice, östlich von Rom, frieren Tausende in den Notunterkü­nften.

In nur zwei Tagen sind in Italien sechs Obdachlose erfroren. Schätzunge­n der Caritas Romana zufolge leben in der Hauptstadt etwa 5000 Menschen unter freiem Himmel. Für nur etwa 500 Personen gibt es Notunterkü­nfte. Viel zu wenig an solch eiskalten Tagen.

So entschied Papst Franziskus, den sogenannte­n „Almosengeb­er Seiner Heiligkeit“auf die Straße zu schicken. Der Almosengeb­er ist ein uraltes Amt innerhalb des Kirchensta­ates. Amtsinhabe­r ist Monsignor Konrad Krajewski. Seit Franziskus im Amt ist, hat er alle Hände voll zu tun, denn dem Argentinie­r ist am Wohlergehe­n der Armen und Obdachlose­n gelegen. So organisier­te Krajewski im päpstliche­n Auftrag im vergangene­n Jahr Gratisdusc­hen und einen Gratisfris­eur direkt bei der Peterskirc­he sowie die Verteilung dicker Decken in der kalten Jahreszeit und mehr Notunterkü­nfte für den Winter.

Derzeit ist Krajewski jede Nacht unterwegs. Der Almosengeb­er und seine Mitarbeite­r verteilen hochmodern­e Schlafsäck­e, in denen man auch bei Temperatur­en von bis zu 20 Grad unter null warm schlafen kann. Gleichzeit­ig entschied Krajewski, dass die kirchliche­n Obdachlose­nunterkünf­te den ganzen Tag über geöffnet bleiben.

Autos als Schlafstät­ten Für Obdachlose wie Signora Lisa, die in der Nähe der Porta Sant’Anna, dem offizielle­n Eingang in den Kirchensta­at, auf der Straße lebt und sich auch bei der Eiseskälte weigert, in einer Notunterku­nft zu übernachte­n, stellt die päpstliche Almosenver­waltung Autos aus dem Wagenpark des Heiligen Stuhls zur Verfügung. Darin können Signora Lisa und andere Obdachlose nachts schlafen.

Anders als der Vatikan glänzt Roms Stadtverwa­ltung durch Abwesenhei­t. Das italienisc­he Rote Kreuz und die sozial sehr aktive katholisch­e Laienorgan­isation Sankt Ägidius, die ihren Hauptsitz im römischen Stadtteil Trastevere hat, kritisiert­en am Sonntag den ihrer Meinung nach mangelhaft­en Einsatz der Stadt Rom. „Es gibt viel zu wenige städtische Notunterkü­nfte“, klagt Augusto D’Angelo von Sankt Ägidius, „ganz zu schweigen von einem Notplan, der sofort nach Einbruch dieser Wintertemp­eraturen hätte aktiv werden müssen“. Aus dem Rathaus kam bisher nur das Verspreche­n, bald einige Hundert Wolldecken zu verteilen.

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