Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Leben für den Sport
Rolf Wilhelm, langjähriger Vorsitzender von Turnverein und Sportverband, wurde mit der Bürgermedaille ausgezeichnet
WEINGARTEN - Beim traditionellen Neujahrsempfang im Kultur- und Kongresszentrum (KuKo) in Weingarten ist Rolf Wilhelm, Vorsitzender des Sportverbandes und Turnvereins Weingarten, mit der Bürgermedaille der Stadt ausgezeichnet worden. Oberbürgermeister Markus Ewald bezeichnete Wilhelm als „Sprachrohr für Angelegenheiten des Sports“. Er selbst blieb in seiner Dankesrede bescheiden und dankte den vielen anderen ehrenamtlichen Helfern. „Ich habe eigentlich das Gefühl, nichts Besonderes geleistet zu haben“, sagte Wilhelm. Doch damit liegt er falsch.
Dynamisch, energiegeladen, motiviert. Auch mit 75 Jahren betreibt Rolf Wilhelm den Sport noch als FulltimeJob. Morgens Vereins- und Verbandsarbeit, nachmittags die Jugend trainieren. Und das fünf Tage die Woche. An Wochenenden dann oftmals Wettkämpfe und Turnfeste organisieren. Lang ist die Liste seines bürgerschaftlichen Engagements: Vorsitzender des Turnvereins Weingar- ten seit 15 Jahren. Erster Mann des Sportbundes seit 23 Jahren. Leiter der Jugendsportschule (JuSS) seit zehn Jahren. Dazu Kunstturnwart im Turngau und Mitarbeit im Schwäbischen Turnerbund. Und damit sind noch lange nicht alle Verdienste erwähnt. Rolf Wilhelm, der einstige Rektor der Talschule, war federführend bei der Gründung der beliebten Kindersportschule KiSS und JuSS. Und er hat den Nordic Walkathon mit initiiert. Das Sportevent, das jedes Jahr 900 Läufer aus dem ganzen Oberland nach Nessenreben lockt und zu den Stöcken greifen lässt.
Warum kappt jemand so sein Privatleben und bringt sich in die Gemeinschaft ein? Rolf Wilhelm, der gebürtige Allgäuer, der auch nach 50 Jahren in Weingarten sein rollendes „R“noch pflegt, will etwas zurückgeben, was er selbst als junger Sportler erfahren hat. Aufgewachsen ist er in einer sportbegeisterten Familie. Der Vater, Bürgermeister von Scheidegg, war selber Vorsitzender der dortigen Sportgemeinschaft. So verlegte sich der junge Rolf alsbald aufs Turnen, Skifahren und Skispringen.
„Was man neben der Liebe zur Sportart an Zusammengehörigkeitsgefühl, Geborgenheit und Sicherheit in einem Verein erleben kann, das ist eine wunderbare Erfahrung, die einen stark macht für das ganze Le- ben“, schwärmt Rolf Wilhelm. Diese mentale Grundausstattung wollte und will Rolf Wilhelm, der in den 1960er-Jahren an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten Sport, Mathematik und Geschichte studier- te, den Jugendlichen bis heute mitgeben. Ob in seiner jahrzehntelangen Lehrertätigkeit, 35 Jahre war er an der Talschule, davon 21 Jahre als Rektor, oder als Turnwart und Übungsleiter im Turnverein, Turngau oder schwäbischem Turnerbund. Generationen von Kindern und Jugendlichen hat er in den letzten 50 Jahren auf die Sprünge geholfen, sei’s beim Turnen oder in anderen Disziplinen.
Dankbarkeit empfindet Wilhelm im Umgang mit Jugendlichen. Jeden Nachmittag trainiert er sie nach wie vor in der JuSS in verschiedenen Disziplinen. Das fordere ihn, sagt er, daraus schöpfe er aber auch Kraft. „Es ist schön, Kinder über zehn, zwanzig Jahre zu begleiten und seinen Teil dazu beitragen zu können, dass aus ihnen selbstbewusste Mitglieder der Gesellschaft werden.“So hat er sich mit dem Turnverein vor zwei Jahren auch gleich der Flüchtlinge angenommen mit kostenlosen Angeboten, um seinen Teil zur Integration beizutragen.
Jugend sportlich in die Gänge zu bringen, ist das eine. Rolf Wilhelm ist aber auch politisch tätig und macht sich gegenüber der Stadt stark für die Sportförderung der Jugend, mahnt entsprechende Hallenausstattung an. Privat frönt der drahtige Mittsiebziger, der sich selbst als aufgeschlossen, temperamentvoll, kommunikativ und ehrgeizig sieht, dem Tennis, Radfahren, Wandern und Segeln. Dabei geht es ihm nicht nur um Leistung, sondern um den Spaß am Tun auch mit anderen.
Musik als zweite Leidenschaft Seine zweite Leidenschaft neben dem Sport ist die Musik. Er setzt sich gerne mal ans Klavier und improvisiert oder besucht Konzerte. Doch reiche die Zeit einfach nicht aus, beides intensiv zu pflegen. Seine prägende Rolle für den Sport in Weingarten und auch für das Welfenfest, wo er jahrelang den Festzug leitete, will Wilhelm, der rhetorisch sehr versiert ist und gut reden kann, gar nicht so hoch hängen. „Es war kein Opfer für mich. Ich habe nichts Herausragendes geleistet, ich habe nur versucht, das Alltägliche ordentlich zu machen“, sagt der Träger der Bürgermedaille 2017 und es klingt nicht nach Koketterie. Chapeau vor so viel Sportsgeist! SEITE 15