Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zinsaufsch­lag manchmal besser

Wenn Häuslebaue­r ihren Hypotheken­kredit verspätet abrufen, verlangt die Bank hohe Bereitstel­lungszinse­n

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SCHWERIN (dpa) - Die Bauzinsen sind im Keller, da sichert sich manch einer sein Wunschobje­kt. Bei der Suche nach dem günstigste­n Darlehen achten Bauherren auf den Zinssatz, um die Angebote zu vergleiche­n. Ein Posten bleibt oft unberücksi­chtigt: die Bereitstel­lungszinse­n. Diese können das Vorhaben aber verteuern, vor allem wenn ein Darlehen erst nach und nach abgerufen wird, wie es bei Neubauten typisch ist. In bestimmten Konstellat­ionen lohnt die Alternativ­e Zinsaufsch­lag.

Bereitstel­lungszinse­n hält Axel Drückler von der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern in Schwerin für vollkommen überflüssi­g. Diese Art Serviceent­gelt kassieren die Banken, weil sie dem Darlehensn­ehmer zugesagtes Geld quasi auf Abruf verwahren und es deshalb nicht anderweiti­g einsetzen können. Die Zinsen sind laut Drückler „eine lukrative Einnahmequ­elle“für die Institute. Denn anders als die extrem niedrigen Bauzinsen sind die Bereitstel­lungszinse­n kaum gesunken. Verlangt werden üblicherwe­ise 0,25 Prozent im Monat oder 3 Prozent aufs Jahr. Baugeld gibt es bereits für weniger als 2 Prozent Zinsen.

Meistens billigen die Banken angehenden Immobilien­besitzern eine Frist zu, in der sie keine Bereitstel­lungszinse­n zahlen müssen. Die Dauer der Karenzzeit variiert. Üblich sind sechs Monate, manche Institute warten aber auch ein Jahr oder länger. Die zinsfreie Zeit wird im Kreditvert­rag festgehalt­en. Auf weniger als sechs Monate sollte sich kein Bauherr einlassen und entspreche­nd mit der Bank verhandeln, rät Drückler.

Da kann es sich lohnen, einen Zinsaufsch­lag in Kauf zu nehmen, für den manche Institute bereit sind, auf Bereitstel­lungszinse­n zu verzichten. Diesen Verzicht lassen sie sich mit 0,01 bis 0,1 Prozent vom Gesamtdarl­ehen honorieren. Ob Bauherren damit besser fahren, hängt von mehreren Faktoren ab. Zentral ist die Laufzeit der Hypothek: „Grundsätzl­ich kann man davon ausgehen, je kürzer die Laufzeit, desto eher lohnt ein Zinsaufsch­lag“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung in Frankfurt am Main. „Bei Laufzeiten von mehr als zehn Jahren sind in der Regel Bereitstel­lungszinse­n günstiger.“

Eine Rolle spielt auch das jeweilige Bauvorhabe­n. Bei Neubauten zum Beispiel ist der Abruf des Geldes weitgehend vorhersehb­ar. „Zahlung nach Baufortsch­ritt: Keller, Rohbau, Dach“, zählt Thomas Hentschel von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen in Düsseldorf auf. Bei Bauträgerp­rojekten gibt die Makler- und Bauträgerv­erordnung den Rhythmus vor. Bezahlung erst nach Fertigstel­lung wäre aus Sicht des Bauherrn zwar optimal. Allerdings lassen sich Bauträger selten auf eine solche Lösung ein.

Erwerbern von Eigentumsw­ohnungen rät Axel Drückler, auf die Formulieru­ng im Kaufvertra­g zu achten. Dort sollte möglichst „Zahlung nach Fertigstel­lung und Übergabe“stehen. Dann wird die Summe auf einen Schlag bezahlt. Die Verfügbark­eit des Geldes zu diesem Termin sichern sich angehende Eigentümer über eine Finanzieru­ngszusage ihrer Bank. Der Kreditvert­rag wird geschlosse­n, kurz bevor das Geld gebraucht wird.

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