Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gut mit dem Druck umgegangen
Katharina Althaus wird beim Doppel-Weltcup in Oberstdorf erst Vierte, dann Zehnte
OBERSTDORF - Andreas Bauer konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Heimspringen? Ganz heikles Thema! „Ich hab's früher gehasst, hier zu springen, weil ich nie so richtig gut war hier. Immer erst in GarmischPartenkirchen und in Innsbruck.“Andreas Bauer ist Oberstdorfer, vierschanzentourneeerprobt und Bundestrainer der deutschen Skispringerinnen. Deren bestes Resultat beim Doppel-Weltcup auf der Großen Schattenbergschanze holte: Katharina Althaus.
Die 20-Jährige lebt im nahen Schöllang, startet für den SC 1906 Oberstdorf und kennt die Anlage aus dem Effeff. Der kleinere Bakken ist Trainingsschanze der Nationalmannschaft, vom großen (Hillsize 137 Meter) wurde die DemnächstAbiturientin am Samstag Vierte. Tags darauf bremsten sie Flockenwirbel und Thermik: Den zweitschlechtesten Windverhältnissen des gesamten Wettbewerbs war Rang zehn geschuldet, einer langsameren, da schneebedingt stumpferen Anlaufspur auch. Stärkste Sportlerin aus Andreas Bauers Team war diesmal Svenja Würth vom SV Baiersbronn als Siebte.
Großschanze, im Frauen-Weltcup ist das die Ausnahme. Oslo hieß bislang diese Ausnahme, 2016/17 kam zweimal Oberstdorf dazu. Katharina Althaus hat’s gefreut, gleich der erste Trainingssprung am Freitag zeigte, weshalb: 131 Meter bei hilfreichem Aufwind – das tat gut, das nahm Anspannung. 73 Weltcup-Starts weisen die Statistiken für Katharina Althaus aus, vier (immer von der Normalschanze) waren es bis zum Wochenende auf vertrautem Terrain. Sechste, 26. (jeweils 2015), 26., 33. (jeweils 2016), die Platzierungen zeigen: Vor persönlich bekanntem Publikum springt es sich nicht zwingend leichter. „Es ist zu Hause schon was Be- sonderes.“Will heißen? „Ich hab’ mir selbst schon ein bisschen Druck gemacht.“
Sie könne, sagt Katharina Althaus dann, „aber gut damit umgehen“. Am Samstag sagt sie das, als wilde Windkapriolen die Jury veranlassen, manche Springerin von Luke 14, manche von Luke 22 in den Wettbewerb zu schicken. Nichts für schwache Nerven. Katharina Althaus beweist starke. Landet bei 119,5 und 124 Metern, erreicht zum dritten Mal in ihrer Karriere Platz vier. Zum Podium fehlen beim 48. Weltcup-Sieg der erwartungsgemäß dominierenden Japanerin Sara Takanashi 17,4 Punkte. Auch damit kann Katharina Althaus umgehen: Die Freude, versichert sie, dominiere. „Ich bin zufrieden, dass ich grad die zwei Sprünge im Wettkampf hab’ zeigen können.“
Ihre beste Leistung abzurufen, wenn“s zählt, gelingt der MixedTeam-Weltmeisterin von 2015 inzwischen immer häufiger. Als Gesamtweltcup-Zehnte ist sie an den Schattenberg gekommen, als Achte reiste sie ab. Konstanz auf Top-Ten-Niveau ist keine Selbstverständlichkeit für eine 20-Jährige. „Man vergisst bei der Katharina sehr schnell“, weiß Andreas Bauer, „dass sie erst ihr erstes Erwachsenenjahr springt. Am Samstag hat sie gezeigt, dass sie auf einem sehr, sehr guten Weg ist.“
Am Sonntag waren die Schritte etwas kürzer: 120 Meter erst, 111 dann. „Zäh“sei’s gewesen, gibt Katharina Althaus zu Protokoll, während Sara Takanashi für Triumph Nummer 49 gefeiert wird. Kurz schaut die Schöllangerin hin. „Ich fahr' zufrieden heim“, sagt sie. Weltcup der Frauen in Oberstdorf, Einzel, Sonntag ( Normalschanze): 1. Takanashi ( Japan) 263,0 Punkte ( 124,0+ 129,0 Meter), 2. Klinec ( Slowenien) 234,1 ( 127,5+ 115,5), 3. Awwakumowa (Russland) 223,7 ( 112,5+ 124,5), ... 7. Würth ( Baiersbronn) 210,6 ( 119,0+ 112,0), 8. Vogt ( Degenfeld) 210,3 ( 117,5+ 113,5), ... 10. Althaus ( Oberstdorf) 206,5 ( 120,0+ 111,0), ... 28. Ernst ( Oberstdorf) 142,1 ( 102,5+ 96,5), ... 33. Straub ( Langenordnach) 65,1 ( 95,5), ... 38. Reisch ( Isny) 55,9 ( 93,0), 39. Seyfarth ( Ruhla) 50,3 ( 88,5).