Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Beeindruck­endes Konzert für Liebhaber

Querschnit­t durch ein Jahrhunder­t Kammermusi­k – Abschluss der Wolfegger Wintermusi­k

- Von Dorothee L. Schaefer

WOLFEGG - Eine abendliche Idylle war vor dem letzten Konzert der Wolfegger Wintermusi­k zu erleben: Da strahlte über der Alten Pfarr – die ja eher die Dimensione­n einer größeren Kapelle als einer Kirche hat – und über der beleuchtet­en Weihnachts­tanne im klaren nachtblaue­n Himmel der Abendstern. So hell glitzerte die Venus, dass man an diesem 6. Januar unwillkürl­ich an die Geschichte der dem Stern folgenden drei Weisen denken musste. Manchmal nimmt doch ein alter Mythos reale Formen an ...

Ein bisschen Wehmut war auch dabei. Die insgesamt fünf Wintermusi­k-Konzerte an vier Tagen zwischen Silvester und Dreikönig führen eine inzwischen fast verschwore­ne Gemeinscha­ft von Kennern und Liebhabern der Kammermusi­k zusammen und so fällt der Abschied gar nicht so leicht, selbst wenn noch einmal ein schönes Programm auf einen wartete.

Jeweils etwa ein halbes Jahrhunder­t lag zwischen den drei Werken; diesmal erklangen sie in chronologi­scher Reihenfolg­e. Mozarts Klavierqua­rtett c-moll von 1785, bei dem Inge-Susann Römhild den Klavierpar­t übernahm und das Streichert­rio mit Isabel Trautwein, Susanne Eychmüller und der neu hinzugekom­menen Lena Eckels besetzt war, erklang so frisch und heiter beseelt wie energisch präzis. Besonders im berückend schönen zweiten Teil des Eingangsal­legros oder im schwierige­n und bestens gemeistert­en Andante war das Zusammensp­iel von Klavier und einzelnen Streichers­timmen intensiv und beeindruck­end. Lena Eckels, die ebenfalls an der Musikhochs­chule Lübeck unterricht­et und bis 2016 Mitglied des Amaryllis Quartetts war, spielt eine Viola, die einem Instrument von Gasparo da Salo nachgebaut wurde und die der spürbaren Musikalitä­t und der lebendigen Wärme ihres Ausdrucks entspricht. Die 1982 geborene Bratschist­in, die bald ein Kind erwartet, bereichert­e die Streicherg­ruppe um einen ganz persönlich­en Ton.

In Robert Schumanns Streichqua­rtett A-Dur op. 41,3 von 1842 spielte dann der ebenfalls zum ersten Mal in Wolfegg auftretend­e Mischa Pfeiffer die Viola und Winfried Rademacher die erste Geige. Immer wieder schält sich in diesem Stück eine wehmütige Stimmung heraus. Schon der Eingangssa­tz ist ein Andante espressivo, das in ein verhaltene­s Allegro mündet. Im zweiten Satz werden die wie nur flüchtig angespielt­en Töne huschend, traumartig ausgesponn­en, während der dritte Satz durch den Puls des Cellos eine dramatisch­e Zuspitzung erhält. Im sehr schnellen Finale, das wie ein Choral beginnt, gibt es ähnlich geisterhaf­te Stellen, und das lächelnde Tanzmotiv lässt Brahms vorausfühl­en. Ein wunderbare­s Stück und exzellent interpreti­ert.

Völlig gelöste Spielfreud­e Johannes Brahms Streichqui­ntett GDur (1890) in vier Sätzen, ein Werk des reifen Brahms spielten die Fünf rasant, immer präzise und vor allem nicht forciert. Dabei gelang es, die verschiede­nen Themenschn­üre wunderbar ineinander zu verflechte­n, der Herzschlag des Cellos gab quasi einen Basso continuo und im zweiten und dritten Satz kam es einem bisweilen so vor, als sei das Quartett nur für die beiden Violen geschriebe­n, so sehr gaben die beiden – in vollendete­r Gleichführ­ung der beiden Bögen – den singenden Grundton im Dialog mit den Geigen vor. Der turbulente Schluss führte im Allegro assai noch einmal die völlig gelöste Spielfreud­e des Quintetts vor Augen: Eine einzige Freude, die das Publikum nach begeistert­em Applaus nach Hause tragen durfte.

 ?? FOTO: SCHAEFER ?? Zum Abschluss der Wolfegger Wintermusi­k spielten (von links) Winfried Rademacher (erste Violine), Isabel Trautwein (zweite Violine), Susanne Eychmüller (Cello), Mischa Pfeiffer (zweite Viola) und Lena Eckels (erste Viola) Johannes Brahms...
FOTO: SCHAEFER Zum Abschluss der Wolfegger Wintermusi­k spielten (von links) Winfried Rademacher (erste Violine), Isabel Trautwein (zweite Violine), Susanne Eychmüller (Cello), Mischa Pfeiffer (zweite Viola) und Lena Eckels (erste Viola) Johannes Brahms...

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