Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Beeindruckendes Konzert für Liebhaber
Querschnitt durch ein Jahrhundert Kammermusik – Abschluss der Wolfegger Wintermusik
WOLFEGG - Eine abendliche Idylle war vor dem letzten Konzert der Wolfegger Wintermusik zu erleben: Da strahlte über der Alten Pfarr – die ja eher die Dimensionen einer größeren Kapelle als einer Kirche hat – und über der beleuchteten Weihnachtstanne im klaren nachtblauen Himmel der Abendstern. So hell glitzerte die Venus, dass man an diesem 6. Januar unwillkürlich an die Geschichte der dem Stern folgenden drei Weisen denken musste. Manchmal nimmt doch ein alter Mythos reale Formen an ...
Ein bisschen Wehmut war auch dabei. Die insgesamt fünf Wintermusik-Konzerte an vier Tagen zwischen Silvester und Dreikönig führen eine inzwischen fast verschworene Gemeinschaft von Kennern und Liebhabern der Kammermusik zusammen und so fällt der Abschied gar nicht so leicht, selbst wenn noch einmal ein schönes Programm auf einen wartete.
Jeweils etwa ein halbes Jahrhundert lag zwischen den drei Werken; diesmal erklangen sie in chronologischer Reihenfolge. Mozarts Klavierquartett c-moll von 1785, bei dem Inge-Susann Römhild den Klavierpart übernahm und das Streichertrio mit Isabel Trautwein, Susanne Eychmüller und der neu hinzugekommenen Lena Eckels besetzt war, erklang so frisch und heiter beseelt wie energisch präzis. Besonders im berückend schönen zweiten Teil des Eingangsallegros oder im schwierigen und bestens gemeisterten Andante war das Zusammenspiel von Klavier und einzelnen Streicherstimmen intensiv und beeindruckend. Lena Eckels, die ebenfalls an der Musikhochschule Lübeck unterrichtet und bis 2016 Mitglied des Amaryllis Quartetts war, spielt eine Viola, die einem Instrument von Gasparo da Salo nachgebaut wurde und die der spürbaren Musikalität und der lebendigen Wärme ihres Ausdrucks entspricht. Die 1982 geborene Bratschistin, die bald ein Kind erwartet, bereicherte die Streichergruppe um einen ganz persönlichen Ton.
In Robert Schumanns Streichquartett A-Dur op. 41,3 von 1842 spielte dann der ebenfalls zum ersten Mal in Wolfegg auftretende Mischa Pfeiffer die Viola und Winfried Rademacher die erste Geige. Immer wieder schält sich in diesem Stück eine wehmütige Stimmung heraus. Schon der Eingangssatz ist ein Andante espressivo, das in ein verhaltenes Allegro mündet. Im zweiten Satz werden die wie nur flüchtig angespielten Töne huschend, traumartig ausgesponnen, während der dritte Satz durch den Puls des Cellos eine dramatische Zuspitzung erhält. Im sehr schnellen Finale, das wie ein Choral beginnt, gibt es ähnlich geisterhafte Stellen, und das lächelnde Tanzmotiv lässt Brahms vorausfühlen. Ein wunderbares Stück und exzellent interpretiert.
Völlig gelöste Spielfreude Johannes Brahms Streichquintett GDur (1890) in vier Sätzen, ein Werk des reifen Brahms spielten die Fünf rasant, immer präzise und vor allem nicht forciert. Dabei gelang es, die verschiedenen Themenschnüre wunderbar ineinander zu verflechten, der Herzschlag des Cellos gab quasi einen Basso continuo und im zweiten und dritten Satz kam es einem bisweilen so vor, als sei das Quartett nur für die beiden Violen geschrieben, so sehr gaben die beiden – in vollendeter Gleichführung der beiden Bögen – den singenden Grundton im Dialog mit den Geigen vor. Der turbulente Schluss führte im Allegro assai noch einmal die völlig gelöste Spielfreude des Quintetts vor Augen: Eine einzige Freude, die das Publikum nach begeistertem Applaus nach Hause tragen durfte.