Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Aktion statt Aktionismus
Es scheint, als hätten bundesdeutsche Parteien das Thema Innere Sicherheit gerade erst entdeckt. Ein Strategiepapier jagt das nächste und der Eindruck stellt sich ein, als wollten wenige Monate vor der Bundestagwahl zunächst einmal alle für sich reklamieren, sie hätten die richtigen Antworten auf all die ungeklärten Fragen nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche. Dabei wissen wir bis heute nicht einmal genau, welche Bundes- oder Landesbehörde in welchem Moment wie sehr gepatzt hat.
Den Eindruck von Aktionismus verbreiten übrigens auch manche Medien in Deutschland. Wenn die Verhaftung von Menschen, die in einer nicht geklärten Verbindung zu Anis Amri standen, bereits als Erfolgsmeldung präsentiert wird, ist das aufgeregte Berichterstattung ohne Augenmaß.
Von den Parteien ist Aktion gefragt, kein eitler Aktionismus. Vergangene Woche hat sich der Bundesinnenminister mit einem Strategiepapier für einen starken Staat eingesetzt. Anstatt sich mit de Maizières Vorschlägen auseinanderzusetzen, hat der kommende Kanzlerkandidat der SPD, Sigmar Gabriel, am Montag mit einem eigenen Strategiepapier dagegengehalten. Die FDP hat mit Christian Lindner bei seiner Rede am Dreikönigstag ihre Ideen vorgelegt, uns aber glücklicherweise ein weiteres Strategiepapier erspart. Die Grünen wägen derweil noch ab, wie man die Innere Sicherheit gegen den Klimaschutz abwägen soll.
Gegen einen Wettstreit der Ideen ist in der Politik nichts einzuwenden. Aber in dieser Situation, nach einem Terroranschlag mit Toten, wäre es fatal, wenn konkurrierende Strategiepapiere neue Politikverdrossenheit erzeugen. Nun haben sich der Bundesinnenminister und sein SPD-Kollege, Bundesjustizminister Heiko Maas, auf elektronische Fußfesseln für Gefährder und erleichterte Voraussetzungen für eine Abschiebehaft verständigt. Vielleicht ist das ja ein Zeichen an alle Parteistrategen für Innere Sicherheit, dass nur gemeinsame Aktion das Land sicherer macht.