Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Letzter Akt: Auftritt der Abrissbirne
Stadt München will Bauruine der hellenischen Schule beseitigen – Eine griechische Tragödie
MÜNCHEN - In München steht nicht nur ein Hofbräuhaus, sondern auch eine ungewöhnliche Bauruine: Im Stadtteil Berg am Laim hat die Griechische Republik einen stattlichen Schulbau errichtet. Das Gebäude ist im Rohbau fertiggestellt und soll jetzt wieder abgerissen werden, weil es nicht den Anforderungen an eine deutsche Schule entspricht.
Die Tragödie um die GriechenSchule an der Isar begann, als in Europa noch alles in Ordnung schien: 2001 erwarb der griechische Staat ein 15 000 Quadratmeter großes Grundstück von der Stadt München. Darauf sollte eine Schule für die in München lebenden Kinder griechischer Staatsbürger entstehen: 24 Klassenzimmer für 750 Kinder – die erste staatliche Schule Griechenlands in Deutschland.
Doch Stadtrat und Stadtverwaltung blieben vorsichtig: Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass das Grundstück wieder an die Stadt zurückfällt, wenn nicht innerhalb einer Frist festgelegte Baufortschritte erzielt werden. Und genau so kam es dann auch: Mehrere Termine ließen die Hellenen verstreichen und auch die in einem Vergleich festgelegte letzte Deadline schafften die Grie- chen nicht. Jetzt sollen Bagger und Abrissbirne ihren Dienst verrichten.
Flehen, Drohen und das gezielt gestreute Gerücht, dass sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras höchstpersönlich im Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeschaltet haben soll, halfen nichts: Die Münchner Ratsherren wollen nun hart bleiben und pochen auf Rückübertragung des Grundstücks. Die bayerische Landeshauptstadt mit ihrer rasant wachsenden Bevölkerung kann das Grundstück auch selbst gut für einen Schulbau brauchen.
Doch zunächst spreizen sich die Bauherren ein. Etwa neun Millionen Euro will die klamme Republik schon in den Rohbau gesteckt haben. Es wäre „unverhältnismäßig“, so der griechische Anwalt Stavros Konstantinidis, wenn jetzt der Bau eingestellt würde. Über ein halbes Jahr Verspätung könne man doch nun wirklich hinweg sehen. Aus der Sicht des griechischen Vize-Erziehungsministers Theodosios Pelegrinis tragen Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank die Schuld an den Verzögerungen.
Trotzdem beschlossen Münchens Ratsherren im vergangenen Herbst einstimmig die Rückforderung des Schulgeländes. Doch ein Ende des Tauziehens ist noch nicht absehbar. Es droht ein längerer Rechtsstreit, obwohl man in der Stadtverwaltung nach eigenen Angaben von „weiteren juristischen Auseinandersetzungen mit der Republik Griechenland“nichts weiß. Dann könnte der letzte Akt in der griechischen Schul-Tragödie folgen: die totale Zerstörung.
Nicht zumutbar für Schüler Für die deutschen Beamten ist zunehmend klar, dass der stattliche Rohbau wieder weg muss. Das Betongerippe wäre deutschen Schülern nicht zumutbar. Hierzulande werden nämlich keine Schulhäuser mehr gebaut, in denen sich die Klassen hintereinander an einem Gang reihen, zudem fehlen Fachlehrsäle. Es werde geprüft, ob das Gebäude abgerissen oder doch als Schule genutzt werden kann, teilte ein Sprecher des Münchener Kommunalreferats mit.
Bagger und Abrissbirne werden es aber schwer haben, denn es wurde sehr solide gebaut, damit die Schule auch einem beachtlichen Erdbeben wie es an der Isar vermutlich nie vorkommen wird, trotzen kann. Aus der Sicht der Griechen steht zudem nicht weniger als das bayerisch-griechische Verhältnis auf dem Spiel. Zumal die Stadt München der griechischen Republik auch die Abrisskosten aufdrücken will.